Die nicht mehr ganz junge Filmemacherin Isabell Suba wurde mit ihrem Kurzfilm „Chica XX Mujer“ 2012 nach Cannes eingeladen. Gemeinsam mit ihrem Produzenten David Wendlandt besucht sie das Festival, um dort zu netzwerken und nach Möglichkeit ein neues Filmprojekt, wie man so sagt, zu pitchen. Leider steht der gemeinsame Ausflug auf das glamouröse Festival an der Cote d´Azur von Anfang an unter keinem guten Stern. Das Wetter ist schlecht, das Hotel ist überbucht, die Sache mit den Gästelisten und Einladungen funktioniert nicht so recht – und immer wieder werden wichtige Termine mit deutschen Provinz-Filmkritikerinnen verpasst, weil das Team Regisseurin/Produzent sich gewissermaßen permanent selbst torpediert.
Schon die Anreise nach Cannes ist ein einziges Missverständnis, aber schnell stellt sich heraus, dass es den beiden Protagonisten an einer gesunden Portion Professionalität mangelt. So hat es beispielsweise Wendlandt versäumt, das Treatment von Subas neuem Projekt zu lesen. Was sich natürlich als dumm herausstellt, wenn man Dritte dafür begeistern will. Aber vielleicht war Wendlandt auch nur professionell schlau, denn als Suba der Arte-Redakteurin Barbara Häbe von ihrem Projekt erzählen soll, erweist sich das Ganze als halbgarer, aber umso prätentiöserer Quatsch. Gäbe es nicht die Vorführung von „Chica XX Mujer“, könnte man „Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste“ glatt für eine boshafte Satire auf die Selbstermächtigung zweier Talentloser erachten, die „irgendwas mit Film“ machen wollen und nun mit Flausen im Kopf orientierungs- und einfallslos an den Rändern eines bedeutenden Filmfestivals herumstromern.
Auf einer Filmstudentenparty bringt es jemand auf den Punkt: „Eine Hummel dürfte eigentlich nicht fliegen können. Aber sie weiß das nicht und deshalb macht sie es trotzdem!“ Viel wichtiger als das Filmemachen scheinen den beiden Protagonisten ohnehin Fragen der sexuellen Orientierung. Während Suba ihr Lesbisch-sein sehr offensiv nach außen kehrt, begegnet Macho Wendlandt diesem Sachverhalt mit einer derart stumpfen Ignoranz, die man vielleicht in den 1950er ansiedeln würde, die aber in Verbindung mit einem jungen, großflächig tätowierten Filmproduzenten des Jahres 2012 wirklich nur noch als Mittel zu Screwball-Dialogen mit ganz muffigen Pointen taugt („Dose auf Dose“). Auch komisch gemeinte Szenen, wenn beide Protagonisten am Pool konkurrierend mit einem It-Girl flirten und sich dabei verstohlen bis offen brüskiert beobachten, laufen letztlich ins Leere, weil beide Figuren so unsympathisch und verbiestert sind.
So richtig interessant wird es eigentlich erst ganz am Schluss, wenn der Film unvermittelt lakonisch mitteilt, dass die Filmemacherin Isabell Suba im Film von der Schauspielerin Anne Haug gespielt wurde, während der Filmproduzent David Wendlandt der „richtige“ Filmproduzent Matthias Weidenhöfer war und sich Suba unter einer falschen Identität einer Berichterstatterin aufs Festival „geschlichen“ hat, um dort in Guerilla-Manier an fünf Tagen einen Film zu drehen, bei dem nie ganz klar ist, was gespielt, was improvisiert und was dokumentarisch ist.
„Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ ist also eine leicht schillernde Mockumentary über das Filmemachen, das Filme feiern und das von Filmen träumen, in der bestimmte Rollen von Schauspielern übernommen wurden, während andere Figuren wie die bereits erwähnte Arte-Redakteurin sich selbst spielen. Der Filmtitel ist übrigens eine brandaktuelle Anspielung darauf, dass im Wettbewerb von Cannes selten Filme von Regisseurinnen zu sehen sind. Hey, hey! Auf diesen „Skandal“ macht Suba/Haug auch nachdrücklich aufmerksam, will auf dem Ticket allerdings selbst nicht reisen, weil sie Anerkennung als Filmemacherin und nicht als Quotenfrau sucht. Bei Licht betrachtet hat Isabell Suba also den Erfolg ihres ersten Filmes dazu genutzt, sich in ihrem zweiten Film über die Kultur des „Dabeisein ist alles“ lustig zu machen – und zwar ausgerechnet in Cannes. Man wird sehen, ob die Branche über hinreichend Selbstironie verfügt, um bei diesem überdrehten Spaß mitzulachen.