„Wie haben Sie das gemacht?“, lautet der prosaische, etwas unscharfe Titel einer zweiteiligen DVD-Veröffentlichung, auf der mit einer Spieldauer von rund fünf Stunden 24 Kurzfilme „von Frauen aus fünf Jahrzehnten“ versammelt sind. Dass dabei der Fokus auf Filmemacherinnen aus dem deutschsprachigen Raum liegt, bleibt der Titel schuldig. Dieser spielt natürlich auf Francois Truffauts berühmtes Interview-Buch mit Hitchcock an, was eigentlich wenig Sinn macht, denn hier „sprechen“ allein die Filme. Eher geht es um das Was als um das Wie, also um eine Bestandsaufnahme der vielfältigen Formen und Inhalte, um eine Rückschau, Sichtung und Sicherung weiblicher Filmarbeit der letzten fünfzig Jahre. Unter künstlerischen Gesichtspunkten erscheint das mitunter beliebig, auch wenn die beiden Herausgeberinnen Bettina Schoeller-Bouju und Claudia Lenssen das heterogene Material den beiden Teilen „Spielen und Dokumentieren“ sowie „Neue Formen“ zugeordnet haben, was nicht immer zwingend ist. Doch leider gibt es keine begleitenden Informationen, die etwa die Konzeption erläutern oder die Auswahl begründen würden. Auch zu den Filmen und ihren Macherinnen fehlen jegliche Angaben. Vermutlich wird die parallel erscheinende Buchveröffentlichung der beiden Herausgeberinnen diesen Mangel ausgleichen.
May Spils verspielt-anarchische Talentprobe „Das Portrait“ aus dem Jahre 1966 mit ihren provozierenden Bild- und Tonmontagen, den ironischen Überblendungen und dem poppig-bunten Look hätte man natürlich auch der Abteilung „Neue Formen“ zuordnen können. Andererseits gilt das auch umgekehrt, wenn man etwa den mehr „gespielten“ und „dokumentierenden“ Film „Umwege“ von Susanne Beyeler sieht. Hier folgen wir einer jungen Frau, die im Aufbruchsjahr 1968 ihrem Schweizer Elternhaus und der Schule den Rücken kehrt, um in einer Münchner Kommune unterzutauchen. Zwischen politischem Kampf, der Bevormundung durch ihren Freund und dem Wunsch nach Selbstbestimmung geht sie mutig ihren Weg der Emanzipation. Mit viel Zeitkolorit und authentischem Material inszeniert Beyeler eine ebenso aufklärerische wie augenzwinkernde Milieustudie.
In beiden genannten Filmen kann man Einflüsse Jean-Luc Godards entdecken. Ästhetik und Politik, oftmals autobiographisch gefärbt, sind auch die Eckpfeiler, zwischen denen das breite Spektrum der ausgewählten Arbeiten aufgefächert ist. Dabei kommt der sich ändernden Frauenrolle, dem weiblichen Selbstverständnis und dem Streiten für mehr Gleichberechtigung eine besondere Bedeutung zu. Mit dem semidokumentarischen Spielfilm „Für Frauen – 1. Kapitel“ hat Cristina Perincioli 1971 ein interessantes Experiment gewagt: „Dieser Film wurde von Verkäuferinnen und Hausfrauen gemacht“, heißt es zu Beginn dieses geradezu sozialistischen Lehrstücks, das vom revolutionären Zeitgeist erfüllt ist und mit plakativen Mitteln die von männlicher Unterdrückung bestimmte Lebens- und Arbeitssituation der (sich mehr oder weniger selbst spielenden) Frauen darstellt. Der teils witzige Agitpropfilm zeigt aber auch, wie die revoltierenden Frauen durch kämpferische Solidarität die Ausbeutungsverhältnisse verändern, gemäß dem Text des von der Band Ton Steine Scherben gesungenen Abspannliedes: „Alles verändert sich, wenn du es veränderst. Doch du kannst nicht gewinnen, solange du allein bist.“
Am ästhetischen Gegenpol dazu steht – neben anderen Arbeiten wie zum Beispiel dem experimentellen Dokumentarfilm „Färblein“ – Milena Gierkes intimes Frauenportrait „Volver“ (2009). Allein mit ihrer Super-8-Kamera und dem Objekt ihres (fotografischen) Begehrens – einer jungen, sommerlich leicht bekleideten, bald nackten Frau auf einem roten Sofa im Freien – filmt Gierke ganz ohne Ton, wie sich die Portraitierte ihre Nägel pflegt, diese rot lackiert, Musik hört, liest, Mate trinkt und raucht. Vor allem aber filmt sie in poetischen Detailansichten ihren fragmentierten Körper, das sinnliche Spiel von Licht und Schatten darauf und vermittelt dabei eine schwebend-erotische Atmosphäre, die von einem aufmerksamen, fast verliebten (Kamera)blick evoziert wird. „Volver“ ist eine ebenso sensible wie zärtliche Hommage an das Weibliche, ein romantisch-verträumtes Filmgedicht und zugleich die Ahnung der Freiheit.