Das Problem der Paarbildung ist für Computernerds zunächst ein theoretisches. Irgendwann, sagt einer der Informatiker in Andrew Bujalskis retroverliebter Farce „Computer Chess“, würden Computer zur Partnervermittlung eingesetzt. An die einzige Frau in der Runde richtet er die Frage, wie ihre Strategie in dieser Hinsicht aussehe. Die zuckt nur verschüchtert mit den Schultern. Dazu habe sie leider keine Meinung. Bujalskis Film spielt im Jahr 1984. Die meisten Dinge, die man heute wie selbstverständlich mit dem Computer anstellt, waren damals noch reine Utopie. Zum Beispiel, sie mit sich herumzutragen. Im tiefsten Miozän des Computerzeitalters basierte der Fortschrittsglaube von Wissenschaftlern auf Kühlschrank-großen Rechenmaschinen. „Computer Chess” gewinnt aus diesem Umstand einen beträchtlichen Witz, auch wenn der historische Abstand nicht das primäre Ziel von Bujalskis Beobachtungen ist.
„Computer Chess” berichtet aus einer seltsamen Zeit, als die Idee, dass Computer einmal den Menschen ablösen würden, noch ein Schreckenspotential besaß, mit dem die Informationswissenschaften lustvoll spielten. Auf einer Konferenz von Schachcomputer-Programmierern etwa, wo im sportlichen Wettkampf (Computer gegen Computer) das beste Programm gekrönt wird. Eine andere Gefahr war allerdings schon damals greifbar, wenn auch nur in der Fantasie der Schachnerds: dass das Pentagon an ihren Forschungen Interesse haben könnte.
Genauso gut könnte die Vorstellung, dass die umständlichen Schach-Programme irgendeinen praktischen Wert für das Militär hätten, aber auch einem grassierenden Wahnsinn geschuldet sein, der in Bujalskis Film langsam um sich greift. Das Tagungshotel wird von einer unerklärlichen Katzenplage heimgesucht, zudem hat sich eine Selbsterfahrungsgruppe eingemietet. Der Kontakt dieser beiden gegensätzlichen Welten sorgt vor allem unter den steifen Mathematikern für Verstörung. Nach der freundlichen Annäherung eines älteren Swinger-Ehepaares ergreift einer der Konferenzteilnehmer überstürzt die Flucht.
Verbindungen, technische wie menschliche, erweisen sich in „Computer Chess“ als schwierigste Hürde. Das galt schon für die frühen Filme Bujalskis. Mit „Computer Chess” hat der „Mumblecore”-Pionier nun allerdings eine formal überzeugende Metapher für die Anschlussunfähigkeit seiner Figuren gefunden: Er hat seinen Film auf einer historischen U-Matic-Videokamera gedreht, in schwarz-weiß. Die Schwerfälligkeit der Übersetzungstechnologien unterstreicht die Hilflosigkeit der bizarren Eskapaden. Die Protagonisten von „Computer Chess“ sind nicht nur in der Welt verloren, sondern auch in ihren Aufzeichnungsmedien.
Dieser Text ist zuerst erschienen in: pony #88