Wie manch neuerer SciFi-Film beginnt 'Ender`s Game' recht abrupt, indem er uns in einen trailerhaft anmutenden Zusammenschnitt von Luftschlachtpanoramen und ins rasende Nacherzählen einer eh schon urlang laufenden Vorgeschichte vom Krieg gegen invasive Insekten-Aliens stürzt. Was früher ein Action-Finale gewesen wäre, fungiert nun als Auftakt (naja, warum nicht?) und etabliert das Setting; ab dann tritt die zweite aktuelle SciFi-Konvention in Kraft: Initiation eines Erlösers durch ritualisierte Schulung für bzw. durch Kampfspiele. 'Das große Spiel' (so der offenbar aus dem UfA-Fundus entlehnte Titelzusatz) ist hier nicht als 'Hunger Game' betitelt, sondern nach Teenageprotagonist Ender (Asa Butterfield, vor zwei Jahren als Scorseses Hugo Cabret im Einsatz) benannt; dessen Vorname will von Andrew abgeleitet sein, aber – glauben Sie jemandem, der mit Andreas-Ableitungen Erfahrung hat – da klingt doch mehr der nom de guerre eines Enders, Beenders, an, der, wie es im Dialog heißt, den 'war to end all wars' anführen soll. Mal sehen, was die deutsche Synchro daraus macht, es stehen ja charmant aufgeladene Vokabeln wie 'Endkampf' oder 'Endsieg' im semantischen Raum.
Lehrer und Spielleiter beim Endspiel ist nicht der Herr Papa (wie unlängst Will Smith in After Earth'), sondern Harrison Ford als strenger Colonel auf der Suche nach einem juvenilen Leader im totalen Krieg und dabei bereit, Kinder zu schinden und auf Dauer aus ihren Familien heraus in orbitale Schulungszentren zu verpflanzen. Ihn flankieren Ben Kingsley als gesichtstätowierter Flottencharismatiker mit Maori-Herkunft und andere als ethnic markierte Uniformierte.
Es wird trainiert, schikaniert und selektiert, steif in der Gamezone rumgeschwebt und gelehrig dem Zauber der Autorität gehuldigt. Teambildung, Willensbildung, Herzensbildung, Einbildung (vieles hier ist ja, siehe Titel, offenbar bloß ein Spiel, und die Raumschiffschlacht am Ende sieht – ohne allen Retrochic – aus wie Sequenzen, für die ich in den 1980ern viel Geld in den Münzeinwurf von Arcadegames gesteckt habe). Viel und Tiefes geredet wird hier sowieso (ist quasi Ehrensache!). Monitoring rules, als Tätigkeit wie auch als kommunikationstechnische Bildform.
Der Film von Gavin Hood (der schon besser inszeniert hat, etwa 2007 bei 'Rendition') basiert auf einem Post-Vietnam-Militäresoterikroman von Orson Scott Card, der, so heißt es, als Standardlektüre bei den US Marines dient. Früher einmal kam sowas auf obszön und satirisch-reflexiv ins Kino und hieß dann 'Starship Troopers' (oder auf deppert, dann hieß es 'Top Gun'); heute kommt das als normal daher, der Schnitt so indifferent wie die Raumstationsbauten. Der tongue in cheek-Drillfaschismus bietet kein provokantes – geschweige denn staunenmachendes oder zumindest infantiles – Bild mehr in Zeiten, in denen per Bootcamp als innovativer Bildungsproblemlösungsansatz und per Castingshow als konkurrenzförderndes Arbeitsmarktmodell regiert werden will. Spielen tun mittlerweile eh alle, wenn sie arbeiten, lernen oder sich zu Businessninjas weiterbilden.
Die Fünf-Minuten-vor-Schluss-Wendung hin zum plötzlichen Schuldgefühl vor der Alien-Spezies (die kaum je ins Bild kommt) ist immerhin hanebüchen. An der – gelinde gesagt – Vernichtungsentschlossenheitsmoral, die 'Ender´s Game' versprüht, ändert dieses Ende wenig; aber zumindest lässt es mit ungewohnter Offenherzigkeit an die Wand fahren, was sich zuvor 105 Minuten lang zu Marschtrommelrhythmen und Pathosstakkati dahingeschleppt hat, im Wechsel zwischen Flotten im All, Fallen im Spiel und Falten im Antlitz (zumal bei Führungspatriarch Ford). Ein Team Stronach von einem Film.