Robert Siodmaks zweiter Film für die Universal ist die leider etwas in Vergessenheit geratene Abenteuerromanze 'Cobra Woman' bzw. 'Die Schlangenpriesterin'. Siodmak selbst soll gesagt haben, der Film sei ein unterhaltsames Späßchen, und, nun, das ist er auch. Er wartet mit einem wunderbar hanebüchenen Plot auf und nimmt sich dabei zugleich völlig ernst. Und dann schlappt immer wieder ein quäkender Schimpanse durch das Bild, der Sidekick von Lon Chaney übrigens. Sensation auf Sensation wird aufgefahren, Exotik en masse.
Tiefdekolletierte Damen mit langen Beinen in prunkvollen Gemächern, die mit hauchdünnen Gewändern kaum ihre Reize zu verhüllen imstande sind, treffen auf Männer in kurzen Röcken mit viel Muskeln und breiten Brustkörben. Ihre Lanzen sind schön und handbemalt, eine Mischung aus tödlicher Waffe und den Hirten-Wanderstäben der Heiligen Drei Könige.
Die Kulissen sind offenkundig aus Pappmaschee, doch das stört keineswegs bei den atemberaubenden Tiefblicken, die einem in Täler gegönnt werden oder in Burggräben, bei den breiten Panoramen auf Städte am Horizont. Die dichtbewaldete Urwaldinsel ist ein Dschungel, wie auch der eigentliche Plot selbst, der sich um zwei Zwillingsschwestern windet, die eine bösen, die andere guten Charakters. Doppelgängermotiv und Spiegelsequenz gleich am Anfang.
Sexbombe María Montez schwingt sich rotbelippt durch den Film, dass man das Atmen vergisst. Nun, kein Wunder, steht es dem Helden zu, die Entführte zu retten und wieder von der Barbareninsel heim ins zivilisiert englisch sprechende Reich zu holen, auch wenn sie eigentlich die Hohepriesterin eines ganzen Volkes ist, dem sie als Erstgeborene rechtmäßig vorstehen darf. Es ist ihr auch egal, dass die Queen, also ihre Mutter, gemeuchelt wird, wenn da so ein Korsar sie zu befreien gewillt ist und mit auf seine Segeljolle nimmt. Aber man soll nicht spotten, der Film ist ein wilder Ritt und macht Spaß und fühlt sich ein wenig wie ein irre gelaufener Shaw Brothers-Kostümfilm an. Und so oft gibt es das im Westen in dieser Form nun auch wieder nicht.
Für Robert Siodmaks Reputation hat der Film wenig gebracht, wie man sich denken kann – man erinnert sich lieber an seine stilbildenden Film noirs. Zu Unrecht. Im schönsten Technicolor erstrahlt er nun wieder, auf Blu-ray gemastert und veröffentlicht von der Firma Ostalgica. Ohne Beschädigungen lässt er sich genießen, mit zwar ordentlich Bildrauschen bisweilen in den hellen Flächen, aber sonst kann man wenig meckern. An der sonstigen Umsetzung allerdings hapert es. Die englische Originaltonspur etwa ist doppelt so laut gemischt wie die deutsche, jedoch weniger gelungene Synchronisation. Untertitel gibt es keine, wenn man sich für den Originalton entscheidet. Drückt man allerdings auf die UT-Taste der Fernbedienung, schwebt mysteriöserweise ein Kinovorhang auf das „Kino-Originalformat“ 4:3 herab und deckt die Balken links und rechts des Bildes ab. Es liegt noch eine 16:9-Fassung vor, allerdings muss man dann auf Bildinhalte verzichten. Das Bonusmaterial ist wenig erquicklich, vor allem findet man es im Menü erst mal nicht. Es ist unter „Einstellungen“ subsumiert, dort, wo man die Sprachfassung anwählen kann. Dieses Menü reagiert zudem nur mit großer Verzögerung, sodass die Bedienung erst etwas geübt werden muss. Da kann man nun neben dem Originaltrailer des Films noch eine ganze Reihe Trailer anschauen, die die sonstigen Veröffentlichungen von Ostalgica bewerben. Eine animierte Schrifttafelsequenz Marke Rob Roy (= brennendes Pergament in schlecht lesbarer, mittelalterlich abstrakt geschwungener sowie grob verpixelter Schrift) informiert anekdotisch über Leben und Werk Siodmaks und schaltet auf Blatt 2 um, bevor man die Chance hatte, richtig fertig zu lesen. Naja. Dann findet sich noch ein Kurzfilm mit dem Titel 'Nachrichten' auf der DVD, der mir von Siodmak gar nicht bekannt war. Kann er auch nicht, dieser ist von einem ganz anderen Regisseur und interessanterweise ein zeitgenössisches HIV-Drama. Was der da verloren hat, das weiß vermutlich nur das Orakel von der Cobrainsel. Die Blu-ray der Schlangenpriesterin ist eine schöne, aber durchaus merkwürdige Veröffentlichung, an der man vielleicht noch etwas hätte feilen können – und die eigentlich nur aufgrund des Bildes die Anschaffung rechtfertigt.