Prince Avalanche

(USA 2013; Regie: David Gordon Green)

Die Fahrbahn markieren

Zwei Männer schieben ihre Wägelchen durch eine menschenleere, desolate Landschaft. Sie sind keine Freunde, sie haben nicht einmal sonderlich viele Gemeinsamkeiten – nur einen gemeinsamen Auftrag: die Landstraße mit gelben Mittelstreifen zu versehen. Manchmal müssen sie auch eine Straßenmarkierung in die Erde rammen.

Die Prämisse von David Gordon Greens seltsam entrücktem Buddy-Movie „Prince Avalanche“ klingt nach gepflegter, stilisierter Indie-Langeweile, aber die gähnende Monotonie legt sukzessive eine leise Selbstfindungskomödie über zwei ungleiche Männer frei, die natürlich irgendwann ihre Freundschaft entdecken – auch weil sie nichts Besseres zu tun haben, als sich selbst hoffnungslos entfremdet über das Leben zu sinnieren oder sich mit Kriegsbemalung durch die verkrüppelten Wälder zu jagen.

Alvin gibt die freudlose Arbeit Gelegenheit, über die Beziehung zu seiner Freundin Madison nachzudenken und nebenbei für den gemeinsamen Urlaub Deutsch zu lernen. Lance (Emily Hirsch) ist von der Ödnis und dem pedantischen Alvin zu Tode genervt. Seine Schwester Madison hat ihm den Sommerjob mit ihrem Freund besorgt, aber eigentlich würde er lieber Parties feiern und herumvögeln. Davon kann an diesem gottverlassenen Flecken allerdings nicht die Rede sein.

Es ist der Sommer 1988. Das texanische Hinterland hat eine Reihe von heftigen Flächenbränden erlebt, die die Gegend in eine verkrüppelte Einöde verwandelt haben. Darüber hinaus besitzen der Ort und die Zeit keine weitere Spezifität. Alvin und Lance rollen ihre Farbwagen bloß durch eine Art postapokalyptische Landschaft und haben sich dabei in den Haaren. Viel passiert nicht. Zweimal begegnet ihnen ein alter Trucker, höchst amüsante Intermezzi wie aus einem Lynch-Film. Ein anderes Mal spricht Alvin mit einer alten Frau in ihrem ausgebrannten Haus, in dem er für einen kurzen Moment die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben nachspielt. Alvin und Lance sind weitgehend auf sich allein gestellt – eine Gefühl, das der Film auch beim Zuschauer forciert.

David Gordon Greens Selbstfindungskomödie lakonisch zu nennen, wäre eine glatte Untertreibung. „Prince Avalanche“ erinnert an eine Miniatur, die in schöner Eintönigkeit von der Einsamkeit zweier Kind-Männer erzählt. Jeder von ihnen versucht auf seine Art, das Leben in den Griff zu kriegen und befindet sich dennoch ständig auf der Flucht. Judd Apatow-Stammkraft Paul Rudd (mit adrett gestutztem Schnauzer) und Emily Hirsch (schon wieder „into the wild“) haben sich das Drehbuch, das auf einer isländischen Komödie basiert, gemeinsam ausgedacht und mit David Gordon Green, einem Erneuerer des US-Indiekinos, spontan vor der imposanten Kulisse der texanischen Waldbrände gedreht. Für Green war es nach mehreren Studio-Produktionen eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Die Landschaft bekommt dann aber doch noch eine allegorische Qualität. Spät im Film beginnen die ersten Blüten zu knospen, wie auch die Freundschaft zwischen Alvin und Lance. Die sanfte Melancholie des Films steht dabei im harschen Kontrast zur Landschaft, durch die ihr Selbstfindungstrip sie führt.

[Link zu einer weiteren Filmkritik]

Benotung des Films :

Andreas Busche
Prince Avalanche
USA 2013 - 94 min.
Regie: David Gordon Green - Drehbuch: David Gordon Green - Produktion: James Belfer, David Gordon Green, Lisa Muskat, Derrick Tseng, Craig Zobel - Bildgestaltung: Tim Orr - Montage: Colin Patton - Musik: Explosions in the Sky, David Wingo - Verleih: Kool / Filmagentinnen - FSK: ab 6 Jahren - Besetzung: Paul Rudd, Emile Hirsch, Lance LeGault, Joyce Payne, Gina Grande, Lynn Shelton, Larry Kretschmar, Enoch Moon, David L. Osborne Jr., Danni Wolcott, Morgan Calderoni, Savanna Porter, Juniper Smith
Kinostart (D): 26.09.2013

DVD-Starttermin (D): 31.01.2014

IMDB-Link: http://www.imdb.com/title/tt2195548/