Die Utopie vom bedingungslosen Grundeinkommen und ein altes Foto von der Amalfi-Küste – mehr braucht es nicht, um dieses „Roadmoviemärchen“ (Selbstauskunft) aus der Kölner Independent-Szene in Bewegung zu setzen! „Man hat mir Geld gegeben, damit ich nicht mehr arbeite. Das Geld habe ich dann genommen und versprochen, dass ich nicht mehr arbeite.“ Das erzählt Hans Dampf, der in seinem früheren Leben vielleicht einmal Koch bei der Handelsmarine gewesen sein mag und den es jetzt mit einem Jute-Beutel voller Kies, also: Moos gen Süden zieht. Dorthin, wo die Zitronen blühen.
Grobe Richtung, denn Hans reist improvisierend, gibt sich Eindrücken hin: der Weg ist das Ziel. Dazu passt, dass er den Tauschhandel bevorzugt – und damit in der Regel gut fährt, auch wenn es zunächst anders aussieht. Seine erste Bekanntschaft tauscht er gleich mit seinem besten Freund, sein erstes Fahrzeug – einen alten viereckigen VW-Bus – gegen ein landesübliches Motordreirad, später folgen dann Schlauchboot und Klappfahrrad, bevor man, jetzt ein Paar, sich zu Fuß auf die Socken macht. Am Rande dieser Bildungsreise, die natürlich auf dem anti-kapitalistischen Märchen vom „Hans im Glück“ fußt, gibt es die üblichen Begegnungen mit Menschen, von denen Hans etwas lernt oder die – weitaus eher – von Hans etwas lernen.
Da ist zum Beispiel der windige Django, dessen Wahlspruch lautet: „Wenn jeder nur an sich denkt, ist schon an alle gedacht!“ Kein Wunder, dass ihn der Gedanke an das viele Geld, das Hans mit sich trägt, umtreibt. Man rangelt mitunter. „So etwas habe ich noch nicht erlebt – und das ist jetzt als Kompliment gemeint!“ Der Film lässt sich zu den Klängen eines exquisit kuratierten Soundtracks – von The Kings of Dubrock bis Adriano Celentano, von Keil Stouncil bis David T. Walker, von Nino Ferrer bis Monsieur Leroc, von Sophie Loup bis Die Zukunft – im schweizerisch-italienischen Grenzgebiet treiben und schwärmt von der bukolischen Landschaft, den verlassenen Bergdörfern und den Gumpen des Valle Versasca.
Schließlich begegnen Hans und Django der geheimnisvollen Fee, die erst so tut, als sei sie Italienerin und dann so tut, als sei sie Hausbesitzerin. Hans kocht für sie. Er kennt sich mit Kräutern wie dem Buschbasilikum aus. Indes: Hausbesitz taugt nicht für ein Roadmovie. Und während sich Django – kaum überraschend, er ist noch nicht so weit wie Hans, noch nicht bereit für das Glück – für das Geld entscheidet, fällt Hans in Liebe und findet sogar noch zu seinem Sehnsuchtsort, wenngleich man dafür das Foto vielleicht auf den Kopf stellen oder zur Seite kippen muss.
„Hans Dampf“, der neue Film von Christian Mrasek („Die Quereinsteigerinnen“) und Jukka Schmidt, ist ein echter Glücksfall von philosophischem Sommerfilm, der zudem auch noch an den Traum vom selbstbestimmten Leben rührt. Der Zufall wendet hier stets alles zum Guten, wenn man – wie Hans – lernt, mal nicht so zielstrebig zu sein. Der Film jedenfalls tut es ihm rückhaltlos gleich. Wie heißt es im Presseheft so schön? „Beschränkte Mittel sind der Kreativität eben immer zuträglich und so wurde mal wieder vieles besser als geplant.“ Stimmt genau! Einen so sanften Parzival wie Fabian Backhans hat das Kino lange nicht mehr gesehen, hinzu gesellen sich zuverlässige Kräfte wie Mario Mentrup und Nina Schwabe, nicht zu vergessen die Cameos der Original Kings of Dub Rock an den Gestaden des Lago Mergozzo. Man sollte „Hans Dampf“ nicht verpassen, wenn er in der Stadt ist. Und wenn er in der Stadt ist, sollte man möglichst tauschen: zum Beispiel eine Handvoll Euros gegen eine Eintrittskarte. Der nächste Urlaub im Tessin ist längst gebucht.