Das Goldfischmädchen Ponyo lebt zusammen mit Vater und Geschwistern im Meer. Als sich die abenteuerlustige Kleine beim Spielen in einem Einmachglas verfängt und an Land gespült wird, rettet sie der 5-jährige Sosuke. Während Ponyos Vater, der Zauberer Fujimoto, verzweifelt seine Tochter sucht, kümmert sich Sosuke liebevoll um seinen 'Fang'. Als sich die mit magischen Kräften ausgestattete Ponyo in den aufgeweckten Fischerjungen verliebt, verwandelt sie sich in einen Menschen. Nun ein quirliges Mädchen, wird Ponyo sogleich in Sosukes Familie aufgenommen. Doch ihre Gestaltwandlung hat die Kräfte des Ozeans entfesselt und Sosukes Vater, der sich auf See befindet, gerät in Gefahr. Ponyo muss sich entscheiden: entweder ins Meer zurückkehren oder für immer als Mensch leben.
Hayao Miyazaki ist der Altmeister des Anime, des japanischen Zeichentrickfilms. Der heute 69-jährige hat bereits in den 60er Jahren als Zeichner in der japanischen Filmindustrie zu arbeiten begonnen, wirkte in den 70ern an auch bei uns populären Kinderserien wie 'Heidi' ('Arupusu no shôjo Haiji'; 1974) mit und machte mit dem von ihm gegründeten Studio Ghibli und Werken wie 'Mononoke-hime' ('Prinzessin Mononoke'; 1997) das Genre auch im Westen für Erwachsene salonfähig. Sein jüngster Film, bereits 2008 fertig gestellt und auf verschiedenen Festivals ausgezeichnet, ist im Vergleich zu den Vorgängerwerken wieder stärker auf ein rein kindliches Publikum zugeschnitten.
In 'Gake no ue no Ponyo' ('Ponyo – Abenteuer am Meer') gibt es viel zu sehen: allerlei niedliches und sorgfältig animiertes Meeresgetier, futuristische anmutende Hochseefortbewegungsmittel und eine parodistisch an Wagners 'Ritt der Walküren' angelegte Sequenz, in der Ponyo, die eigentlich Brünnhilde (!) heißt, zu Joe Hisaishis Filmmusik auf belebten Wellen reitet. Insbesondere in den ersten Sequenzen im Meer finden sich oft in einer Einstellung mehr Ideen als manch anderer Animationsfilm in der halben Laufzeit aufbringt. Wie gewohnt, verzichtet Miyazaki dabei auf Computeranimationen und vertraut auf traditionelle Handarbeit.
So phantasievoll und atmosphärisch die Abenteuer der kleinen Ponyo gestaltet sind – im Vergleich zu Miyazakis bisherigem Alterswerk fällt die Variation von Hans Christian Andersens Märchen von der kleinen Meerjungfrau deutlich ab. Zu langatmig wird die dünne Handlung erzählt, obendrein ist 'Ponyo – Abenteuer am Meer' mit offensichtlichen Selbstzitaten aus 'Kaze no tani no Naushika' ('Nausicaä aus dem Tal der Winde'; 1984) und 'Tonari no Totoro' ('Mein Nachbar Totoro'; 1988) fast epigonal auf das eigene Werk bezogen. Miyazakis bislang größte Erfolge im Westen, 'Prinzessin Mononoke' und 'Sen to Chihiro no kamikakushi' ('Chihiros Reise ins Zauberland'; 2001), waren bedeutende Animationsfilme, die es leicht mit der Konkurrenz aus dem Hause Disney-Pixar und DreamWorks aufnehmen konnten. 'Ponyo – Abenteuer am Meer' dagegen ist vor allem ein großer Spaß für die Kleinsten. Für deren Eltern ist er allerdings etwas ermüdend.
Dieser Text ist zuerst erschienen auf: www.br.de