Für die kleine, kindlich-weise Erzählerin Hushpuppy (Quenzhané Wallis) ist es „der schönste Platz der Welt“. Dabei sind die Lebensbedingungen in „Bathtub“, einer Bayou-Siedlung im Süden Louisianas, alles andere als anheimelnd: Hier leben die Menschen in primitiven, heruntergekommenen Bretterbuden im gesellschaftlichen Abseits; sie sind verarmt und schlecht ernährt, umgeben von Wasser, Schrott und Dreck; und schon der nächste Sturm, der drohend über dieser Existenz aufzieht, könnte das wenige zunichte machen. Doch die täglichen Härten scheinen die verwegenen Bewohner gegen alle Unbill imprägniert zu haben. Wirklich hässlich sind für das 6-jährige Mädchen aber die Industrieanlagen jenseits des großen Damms, der von Hushpuppy als „Mauer“ und „Grenze“ bezeichnet wird. Damit ist zugleich der Antagonismus zwischen trockener und feuchter Welt benannt, den Benh Zeitlin und das Künstlerkollektiv Court 13 in der Einleitung ihres wild wuchernden Films „Beasts oft he Southern Wild“ als Hommage und Loblied auf die ausgelassene Lebenslust, pure Vitalität und unbändige Fröhlichkeit der „Bathtubianer“ inszenieren.
Doch nach dem Freuden-Feuerwerk kommt der Sturm, den Zeitlin als Vorbote einer globalen Umweltkatastrophe und Ausdruck einer „kaputten Welt“ versteht. Im Universum hänge alles miteinander zusammen, sagt Hushpuppy. Schon die kleinste Störung des Gleichgewichts könne zu irreparablen Schäden führen. Allerdings thematisiert Benh Zeitlin weder eine verfehlte Umweltpolitik noch zeigt er sich angesichts der amerikanischen Klassengesellschaft und dem eklatanten sozialen Gefälle zwischen Reichen und Armen als Kapitalismuskritiker – was man durchaus bedauern kann. Stattdessen akzentuiert er in seiner magisch-surrealen Endzeitvision einen ebenso bildgewaltigen wie kruden Sozialdarwinismus, eine Art Philosophie des Fleisches, die vom Recht des Stärkeren, vom Fressen und Gefressen-Werden bestimmt ist. Sehr amerikanisch nimmt sich darin als eine Art Selbstermächtigungsphantasie die Zucht zur Härte für den permanenten Überlebenskampf aus.
Denn darum geht es vor allem im Verhältnis der kleinen Hushpuppy zu ihrem zähen, aber herzkranken Vater Wink (Dwight Henry), einer unerschütterlichen Kämpfernatur. Selbst nach den Verwüstungen des Sturms behauptet er gegen das Offensichtliche, „alles unter Kontrolle“ zu haben. Entsprechend impft der unnachgiebige Erzieher seiner Tochter den notwendigen Überlebenswillen und den Mut zur Selbständigkeit ein. Zeitlin positioniert in seiner Bewunderung für die „zähesten Menschen Amerikas“ seine ebenso eigensinnigen wie aufrechten Protagonisten am Rande der Gesellschaft, ja beschreibt diese als einen wilden Stamm, der sich der Zivilisierung und Eingliederung widersetzt.
Bei aller Sympathie für unbeugsame Außenseiter, die auf ihrer Selbstbestimmung beharren, erscheint Zeitlins biologistische „Du bist ein Tier“-Weltsicht mit ihren ganzheitlichen Implikationen, gemessen an den sozialen Realitäten und ihren Erfordernissen, als politischer Eskapismus. Und auch wenn sein überbordendes, von märchenhaften Übertreibungen und phantastischen Zuspitzungen wimmelndes Bilder-Kino, das mit Laiendarstellern an realen Schauplätzen entstand, eigenwillig und echt, unverfälscht und unabhängig erscheint, so besitzt es doch auch jene, nicht zuletzt emotionalen Produktionswerte des Mainstreamkinos, die für beruhigende Wiedererkennbarkeit und Identifikation sorgen.