Er war der Mastermind des Wu-Tang Clan. Er hat den Soundtrack für Jim Jarmuschs „Ghost Dog: The Way of the Samurai“ geschrieben. Und er hat für Quentin Tarantino den Score zu „Kill Bill Vol. 1“ komponiert. Wenn er dann noch behauptet, seit frühester Kindheit Samuraifilme aufgesogen und sich für Shaolin und Kung Fu begeistert zu haben, dann nimmt man Robert „RZA“ Diggs schnell ab, dass er für die Regie eines Martial-Arts-Films prädestiniert sei, zumal Filmemachen schon immer sein Traum war, sagt er. Und weil Tarantino mittlerweile ein guter Kumpel ist und ihm hilfreich unter die Arme griff, kommt jetzt sein Debütfilm in die Kinos. Blöderweise werden dessen Schwächen umso deutlicher, wenn man sich „Ghost Dog“ und „Kill Bill“ als Vorbilder und Koordinaten ins Gedächtnis ruft.
Jarmuschs „Ghost Dog“ bietet nicht nur die seit Melvilles „Le samouraï“ schönsten ausgedachten Zitate zum vermeintlichen Verhaltenskodex des Samurai, sondern präsentiert und hinterfragt auch einen anachronistischen Ehrbegriff, der nur noch alten, weißen Männern etwas nützt. Der schwarze Samurai vom Rand der Gesellschaft muss in den Tod gehen. Ein komödiantischer, böser und trauriger Film, der sich denkbar weit von der genrespezifischen Action entfernt hat. Tarantinos Action-Spektakel „Kill Bill“ vereint dagegen alle denkbaren Vorbilder, macht noch einen Abstecher zum Italowestern und bietet nicht zuletzt eine starke Heldin, die er in einer schrecklichen und schrecklich guten Exposition mit brachialen Mitteln zur Sympathieträgerin macht. „The Man with the Iron Fists“ im Vergleich mit diesen beiden Werken als Jungsphantasie zu bezeichnen, würde bedeuten, die Phantasie männlicher Heranwachsender stark zu unterschätzen.
Die Story ist so simpel wie unübersichtlich: Einen befreiten Sklaven (RZA) verschlägt es im 19. Jahrhundert in ein abgelegenes chinesisches Dorf, wo er sich als Schmied verdingt und Waffen für die verschiedenen streitlustigen Clans fertigt. Als der Kaiser eine Ladung Gold durchs Land schickt, gerät der Blacksmith zwischen die Fronten. Da ist zum Beispiel der Clan des Bösewichts Silver Lion (Byron Mann), dem sich der heldenhafte Zen Yi (Rick Yune) entgegen stellt, um Rache für seinen getöteten Vater zu nehmen. Da sind aber auch der undurchsichtige Jack Knife (Russell Crowe) mit seinem Faible für Klingen und Madame Blossom (Lucy Liu), die das örtliche Hurenhaus leitet. Dort bietet die schöne Lady Silk (Jamie Chung) ihren Körper feil, die Geliebte des Blacksmith. Mit ihr will er irgendwann alles hinter sich lassen, wenn der Geldkoffer erst voll genug ist. Ein befreiter Sklave, der (mit schlechtem Gewissen) von Waffengeschäften profitiert, aber das Geld braucht, um eine Leibeigene freizukaufen – die Idee ist aberwitzig und deshalb höchst interessant. Nur leider entwickelt das Drehbuch von RZA und Eli Roth daraus letztendlich gar nichts, so wie auch der Gastauftritt von Blacksploitation-Ikone Pam Grier bestenfalls eine Randnotiz wert ist.
RZA inszeniert stattdessen einen Film aus Fanperspektive, der sich von den großen Vorbildern nicht lösen kann oder will und die Geschichte des Martial-Arts-Films zitiert, von den Shaw-Brothers-Produktionen bis zur japanischen „Okami“-Reihe. Auch eine kurze Verneigung vor John Woo über ein Musikzitat darf da natürlich nicht fehlen. Die Kampfszenen sind durchaus gelungen und werden gelegentlich beeindruckend dargeboten, sie sind allerdings nicht immer gut inszeniert. Wie Tarantino scheint RZA ein Fan von Brian De Palma zu sein und erweist dem Vorbild nicht nur mit einem Top Shot über die Räume des Bordells seine Referenz, sondern auch mit vielen Split Screens. Die sehen aber oft eher aus, als müssten sie problematisches Ausgangsmaterial kaschieren.
Mithin unerträglich indes sind die nicht nur holzschnittartigen Figuren des Films, deren Sexismus in keinem Moment kritisch hinterfragt wird. Insbesondere Russell Crowe hat einige lustig gemeinte Szenen als Puffkunde, bei denen man ungläubig ins Presseheft guckt und sich fragt, ob hier wirklich RZA sein Regiedebüt abgibt, weil man ihm solche Humorversuche bzw. so einen Scheißdreck gar nicht zugetraut hätte. Die Frauenfiguren schließlich dürfen nicht einmal mehr witzig sein, sondern erfüllen brav alle Hurenklischees. RZAs Film wirkt in besseren Momenten wie ein blutig-bunter, aber langatmiger Comicstrip, in schlechteren traut man seinen Augen und Ohren nicht. Rat- und unterhaltsamer wäre es also, sich stattdessen einen beliebigen Klassiker zum Beispiel des Hong-Kong-Kinos noch einmal vorzunehmen und den Abend mit ein paar Soulplatten ausklingen zu lassen.