Noch bevor die ersten Bilder zu sehen sind, hört man das Summen. Dann erfüllt emsiges Bienengewimmel, in aufwändigen Makroaufnahmen von der Kamera umkreist, die Leinwand. Die vielzähligen fleißigen Tierchen sind gerade dabei, ihre neue Königin aus der Weiselzelle zu befreien, bevor diese zu ihrem Hochzeitsflug aufbricht. Bis zu 2000 Eier wird diese täglich legen, um den Nachwuchs zu sichern, erfahren wird dezent aus dem Off. Mit faszinierenden Bildern und sachlicher Informationsdichte führt Markus Imhoof die Zuschauer seines Dokumentarfilms „More than honey“ in das komplexe, für den Laien zunächst schwer zu überblickende Universum der Honigbiene. Viele beeindruckende Details über das Leben und die schier unglaubliche Arbeitsleistung dieser ebenso klugen wie komplizierten Insekten vermitteln dabei ungeahnte Einblicke: Etwa in Bezug auf ihr fein und sensibel justiertes Sozialsystem, die Bedeutung ihrer geheimnisvollen Schwänzeltänze, ihren extrem differenzierten Geruchssinn oder auch ihre gewichtige Rolle als Bestäuber bei der „natürlichen Herstellung“ von Nahrungsmitteln.
Gerade deshalb sind die zunehmenden Meldungen über ein mysteriöses Bienensterben, das in den letzten Jahren Schlagzeilen macht, so beunruhigend. Der renommierte Schweizer Filmemacher Markus Imhoof, der selbst aus einer traditionsreichen Imkerfamilie stammt und damit einen persönlichen Zugang hat, betreibt in seinem vielschichtigen Film eine globale Ursachenforschung. Dabei erzeugt er völlig unaufgeregt und unpolemisch nicht nur ein allgemeines Problembewusstsein, sondern er vermittelt durch die vielen Spuren, denen er rund um den Globus folgt, auch eine beängstigende Ahnung von der Größe und den Auswirkungen dieser Problematik. Seine Analyse beschreibt ein multifaktorielles Szenario. Das Sterben der Bienen hat nicht einen Grund, sondern viele, die eine todbringende Summe bilden: „Die Bienen sterben an der Zivilisation.“
„So klingt Geld“, kommentiert der Imker einer riesigen Mandelbaumplantage in Kalifornien das Summen der Bienen. 4000 Bienenstöcke sind hier aufgestellt, um die geschätzten 80 bis 90 Prozent der weltweiten Mandelproduktion zu sichern. Doch ohne den Einsatz von Pestiziden funktionieren solche überdimensionalen Monokulturen nicht. „Wir sind Kapitalisten, wir wollen Wachstum“, lauten die diesbezüglichen Herrschaftsphantasien des Farmers. Dann treten die in dieser Perspektive vermeintlich „toleranten“ Bienen, in riesige Sattelschlepper verfrachtet, ihre Reise quer durch die USA an, um im Wechsel der Jahreszeiten auf verschiedenen Obstplantagen ihren Dienst zu tun. Stress, Schädlingsbefall und oftmals auch der Tod ganzer Völker, vom Großimker als rätselhafter „Völkerkollaps“ bezeichnet, sind die schrecklichen Folgen, die wiederum den Einsatz von Antibiotika nach sich ziehen.
Seinen Großvater würde diese Form der Honigproduktion wohl erschüttern, sagt der amerikanische Imker. Im Kontrast dazu zeigt Imhoof immer wieder den Schweizer Bergimker Fred Jaggi, der sein Handwerk noch traditionell betreibt, in der Abgeschiedenheit der Schweizer Berge aber nicht verschont bleibt von den Folgen der Globalisierung. Es gehört zu den Stärken von Imhoofs Film, dass er immer wieder die Perspektive wechselt und so neue Facetten des Problems erschließt. Das fast schon apokalyptische Szenario in China, wo Arbeiter von Hand die Blüten bestäuben, gehört ebenso dazu wie der „Angriff der Killerbienen“, der paradoxerweise vom Überleben der Honigbiene zeugt und insofern vorsichtig hoffnungsvoll stimmt.