Wie man offene Türen einrennt, um gleich darauf mit der Hintertür aus dem Haus zu fallen, das demonstriert die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Helena Norberg-Hodge anhand ihres couragierten – oder eher coregierten und soloproduzierten Films „Die Ökonomie des Glücks“.
Es gibt manchmal Momente, da will man einfach nicht rezensieren, was aber als Rezension obliegt. Dieser ist einer davon. Hier kommt die Begründungskette: a) Helena Norberg-Hodge, das kann der Zuschauer zur Genüge registrieren, weil diese blaugebluste Frau nicht müde wird, perfekt und permanent blaugeblust auszusehen, des Weiteren immer eine Stimmungskanone des Weltfriedens zu sein, indem sie permanent positiv gesundheitsgetestet kuckt, und wie eine Art abgespeckte (in Wahrheit wahrscheinlich krankheitgeschrumpfte) und langhaarige Maggie Thatcher aussieht, was b) aber auch nicht hilft, weil sie in ihrem blauen Mao-T-Shirt und mit ihrer permanenten Grinserei wie die Reinkarnation der kompletten Mun-Sekte wirkt, und man sich als Zuschauer sofort überlegt, ob man lieber eine Volldosis Heroin oder jene masseneinschläfernde Heroine zu sich nehmen sollte: Wenn aber jemand wie Frau Northam-Carter eben so gut Bescheid zu wissen scheint, das bringt ihr Film ja rüber, dass blaue Hemden den Weltfrieden beherbergen, dann muss man sich ihr wahrscheinlich anvertrauen.
Daher: Der Film ist dufte und handelt davon, dass du und ich (also WIR) die Weltrevolution insofern zu betreiben haben, dass a) eben keiner mehr einsam ist. Und b) es keine Ausbeutung von Ladaq und all diesen anderen ökonomischen Nischen mehr zu geben hat, weil sonst da alles, was da kreucht und fleucht, leidet, denn normal haben die da ihre Kultur, auch bis vor kurzem gehabt, nur kam da jemand anderes, auch nicht Helena Bonham-Carter, aber trotzdem Schlechtes, und hat gesagt: Jetzt wird KONSUMIERT und nicht mehr amüsiert, sondern ganz arg gelitten. Innerhalb von etwa drei Jahren hat dann die ladaqsche komplette Bevölkerung (die Filmbilder beweisen das eindringlich) alle alten und festgefügten traditionellen Werte des Lachens und der Freundschaft fahren lassen; überall gab es plötzlich nur Schmutz und weinende Leute. Grund dafür war die Globalisierung. Das bestätigen auch alle Freunde von Frau Blauham. Daher ist der Rat von Frau Blaumann-Carter, dass ab jetzt Schluss sein muss mit Coca Cola und Hamburger für alle, plausibel. Und das nicht nur im fernen Asien!
Es darf auch bei uns nicht mehr normalen Berufen nachgegangen werden, wie Einzelhandelsfachverkäuferin oder Animateur im Beach-Club. Es wird die komplette Bevölkerung dazu benötigt, überall wo noch ein Krumen Erde ist, Gemüse und Obst anzupflanzen, damit wir wieder lokal und nicht global verknüpft sind. Dann wird sich das Lachen der ab sofort ausschließlich landwirtschaftlich tätigen Weltbevölkerung ganz schnell wieder einstellen, die doofen Kapitalisten, Banker und Spekulanten werden nach Hause gehen und sich schämen und freundlich werden wir uns Gurke um Gurke zur Hand reichen, es wird getanzt und gesungen werden rund um den Maulbeerbaum (friedvolle Film-Welt-Musik: Florian Fricke, Popol Vuh), und es wird wieder die Frage erlaubt sein: Wozu sind Kriege da? Und die Antwort wird lauten: Wir haben den Grund tatsächlich vergessen, denn wir sehen keinen Grund, einen Krieg zu führen, weil wir alle Erdbewohner lieben und uns auch alle Erdbewohner lieben.
Dass diese ganze Zukunftsvision der Helena Norberg-Hodge und ihrer weitgehend esoterisch gefärbten Freunde (es gibt alle fünf Minuten eine behauptete, fettgedruckte These, und nicht ein einziges Mal eine Gegenmeinung) tatsächlich so wirkt, als wäre sie einem Faltblatt der Zeugen Jehovas entsprungen, könnte Freunde der Weltverbesserung davon abschrecken, die Welt zu verbessern, und es könnte Freunde der bestehenden „Freiheit“ darin bestärken, auf jeden Fall Arbeitslosigkeit, Klimaerwärmung, Umweltverschmutzung und persönliche Depressionen derartiger Gleichmacherei und sektenartiger Hirnwäsche vorzuziehen.
Fänden wir das gut? Nein! Finden wir deshalb den Film gut? Nein!