Beim Arbeiten solle man möglichst nicht an die Arbeit erinnert werden, meint einer der Architekten, die für Unilever die neue Firmenzentrale am Hamburger Hafen planen. Deshalb gelte es, eine Atmosphäre zu kreieren, die die Arbeitskultur des Auftraggebers widerspiegele. Mit den modischen Schlagworten „Team-Spirit“, Innovationskraft, Kreativität und Kommunikationsstärke ist diese benannt. Und so wird das Büro kurzerhand umdefiniert in einen Ort, der vor allem Begegnung und Kommunikation ermöglichen soll, weil diese, so sind die Planer überzeugt, eine Quelle für Innovationen bilden. Das fertige Gebäude zeichnet sich insofern dann aus durch offene, lichte Räume, durch Treppen und Galerien, die verbinden und großzügig Bewegung ermöglichen sowie durch Transparenz. Hier können die Mitarbeiter flanieren, an langen Theken bei einem Getränk ihren Gedanken nachhängen oder in einer der vielen gemütlichen Sitzecken Gespräche führen. Aber das leise Klicken der Tastaturen, der sanfte Telefonterror und die leeren, aseptischen Räume weisen schon noch darauf hin, dass es bei aller wohnlichen Behaglichkeit dieser „Net und Nest-Etagen“ vor allem um knallharte „Mega-Wachstumsziele“ geht.
„Open door-policy“ und „non-territoriale“ Arbeitsplätze lauten andere Zauberworte dieser neuen Arbeitskultur, die vorgeblich den persönlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung trägt und so etwas wie Zeiterfassung zu „Schnee von gestern“ macht, tatsächlich aber die „Lösungsgeschwindigkeit“ erhöhen soll. Denn natürlich geht es hier neben Wachstum und Gewinnmaximierung vor allem um die Selbstoptimierung der Ressource Mensch, die dafür nötig ist. Carmen Losmann ist in ihrem beeindruckenden Dokumentarfilm „Work Hard – Play Hard“ den unterschiedlichen Facetten dieser gruseligen Zurichtung auf der Spur. Ohne Kommentar und in luziden Bildern, deren tiefenscharfe und oft symmetrische Komposition den totalen Anspruch dieser gar nicht so schönen neuen Arbeitswelt vermittelt, beobachtet sie mit distanziertem Blick jene seelenlosen Orte und Trainingscamps, an denen die Gehirnwäsche am „Humankapital“ stattfindet. Kongenial unterstützt wird sie dabei von dem Bildgestalter Dirk Lütter, der als Regisseur in seinem eigenen, starken Spielfilmdebüt „Die Ausbildung“ ein verwandtes Thema behandelt hat.
„Change“ lautet eine der vielstrapazierten Vokabeln, von denen „Human Resource Manager“ faseln, um die Veränderung des Menschen und seiner angeblich überholten (Arbeits-)Kultur zu beschwören. Eine in diesem Sinne gepolte weibliche Führungskraft der Deutschen Post ist gar so vermessen zu fordern, diesen anvisierten „Wandel“ in die DNA der zu „entwickelnden Mitarbeiter“ „verpflanzen“ zu wollen. Die „Kultur der ständigen Verbesserung“ im Blick, in der sich die Arbeitskraft am besten „selbst wegrationalisiert“ führen uns die Ideologen des paradoxen „Change“ zum „Flow“-Training in dunkle Erdlöcher, in Büro-Räume, die „World“ heißen und an deren Wänden ebenso kryptische wie kindische Graphiken zur Motivationssteigerung hängen. Am verräterischsten ist aber die inhaltsleere Sprache dieser selbsternannten Propheten der Veränderung, eine mit anglizistischen Worthülsen durchsetzte Pseudo-Terminologie, die viel heiße Luft verbläst und den sprachhandelnden Menschen in eine Marionette des üblen Systems verwandelt.