In einem kleinen, abgelegenen Bergdorf auf über 1100 Meter Höhe liegt das titelgebende „Haus auf Korsika“. Mit dem deftigeren französischen Originaltitel von Pierre Duculots Film „Au cul du loup“ könnte man sinngemäß auch sagen: „Am Arsch der Welt“. Zwölf Einwohner zähle der Ort, sagt der Bürgermeister zu Christina (Christelle Cornil), die nach beschwerlicher Reise eben angekommen ist. Überstürzt und eher planlos ist die 30-Jährige gegen den Widerstand ihrer Familie aufgebrochen, um auf Korsika das Erbe ihrer verstorbenen Großmutter anzutreten und ihren italienischen Wurzeln nachzuspüren. Inmitten einer ungewöhnlichen Ruhe und einer herrlichen Natur, im Kontakt mit der fremden Kultur (etwa dem polyphonen Männergesang Paghjella) und eigenwilligen Menschen wächst in ihr zugleich das Bedürfnis, den Traum von einem anderen Leben zu leben.
Der belgische Regisseur Pierre Duculot inszeniert in seinem sehenswerten Langfilmdebüt diese aufkeimende Aussteiger-Sehnsucht seiner Heldin im Kontrast zu ihrer belgischen Heimatstadt Charleroi. Berufliche Perspektivlosigkeit und ein einengender Freund im Verbund mit dem immer stärker werdenden Klammergriff der Familie, lassen Christina schließlich ausbrechen. Ein Jump cut setzt diesen harten Bruch mit dem gewohnten Alltag schließlich ins Bild, auch wenn innere Zweifel bleiben und die Rückschläge, von Hoffnungen und Enttäuschungen begleitet, erst beginnen. Doch Duculot, der seinen versöhnlichen Film – darin seinem erklärten Vorbild Robert Guédiguian verwandt – mit Anteilnahme und menschlicher Wärme erzählt, lässt seine Protagonistin nicht allein. Vielmehr beschenkt er sie mit familiärer Solidarität und neuem Mut.