Babou (Isabelle Huppert) heißt eigentlich Elisabeth Delmotte. Wenn sie sich eingangs von Marc Fitoussis tragikomischem Film „Copacabana“ schminken lässt und dabei mit ihrem Blick lange auf ihrem Spiegelbild verharrt, spürt man etwas von ihrer Gespaltenheit. Der Wunsch, ein anderer zu sein und ein Leben abseits der konventionellen Regeln zu führen, haben Babou zu dem gemacht, was sie ist: eine verträumte Müßiggängerin ohne rechten Plan und ein ausgeflippter Freak mit einem Hang zum Chaos, der das geregelte Spießerleben verabscheut. Einmal kommt sie, die es nicht lange in Arbeitsverhältnissen aushält und stets pleite ist, zu spät zu einem Vorstellungsgespräch in einer Konfiserie. Als sie daraufhin des Ladens verwiesen wird, rastet sie kurzerhand aus und räumt die Auslage ab. Babous Freiheitsdrang, gepaart mit der Angst, durch zu viel Nähe ihre Unabhängigkeit zu verlieren, haben sie aber auch einsam gemacht.
Das Unstete und Exaltierte sowie Babous vermeintlicher Mangel an Verantwortungsgefühl sind zugleich die Gründe, weshalb ihre 22-jährige Tochter Esméralda (gespielt von Hupperts Tochter Lolita Chammah) Abstand zu ihr hält und nur noch wenig mit ihr zu tun haben will. Die Sprachstudentin, die sich ihr Studium als Bedienung finanziert, schämt sich geradezu für ihre Mutter. Und weil sie deshalb diese zu ihrer geplanten Hochzeit explizit auslädt, kommt es zum Zerwürfnis. Tief gekränkt, nimmt sich Babou vor, ihr Leben zu ändern und dafür die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Diese Umkehrung des Konflikts innerhalb einer Mutter-Tochter-Geschichte nutzt Marc Fitoussi für den nachdenklichen Witz seines Films, der seine schillernde Wirkung vor allem dem tragikomischen Spiel Isabelle Hupperts verdankt.
So wirkt Babou in ihrer lustvollen Antibürgerlichkeit immer auch ein wenig traurig, einsam und verloren. Als sie schließlich in Ostende bei einer dubiosen Immobilienfirma anheuert („Ich muss mich eingliedern.“), um auf der Straße potentielle Käufer für Ferienappartements zu werben, kontrastiert Fitoussi – vor allem über den Soundtrack vermittelt – Bilder der grauen, tristen Hafenstadt mit Babous titelgebender Brasilien-Sehnsucht. „Ich reagiere auf Begegnungen“, äußert sie einmal gegenüber einer Kollegin, um ihre unbestimmte, nicht festlegbare Lebensbewegung zu beschreiben. In den neuen, provisorischen Arbeits- und Lebensverhältnissen sind Nähe und Distanz in den Sozialkontakten bald austariert. Dabei bleibt Babou zwar einerseits ihrer Haltlosigkeit (etwa in ihrer Beziehung zum Hafenarbeiter Bart) treu, durchbricht durch eine unvermutete Einfühlsamkeit auf versöhnliche Weise aber auch ihr negatives Mutter-Image. Trotz diverser Drehbuchschwächen, die Fitoussi durch Ellipsen überspringt, ist diese Facette glaubhaft. Wenn gegen Ende Babous neu gewonnenes Vertrauen – zur Vorgesetzten Lydie (gespielt von der wunderbaren Aure Atika) – bitter enttäuscht wird, bestätigen sich auf ironisch-schmerzliche Weise doch noch ihre antibürgerlichen Reflexe und verlangen geradezu nach einem utopischen Ausbruch in brasilianische Farbigkeit.