Landstraße. Kein Baum. Ein Taxi bahnt sich seinen Weg durch südkoreanisches Niemandsland. Auf dem Rücksitz befindet sich die hochschwangere Sun-young – unterwegs von Seoul in ihr abgelegenes Heimatdorf zur Mutter – und lässt die graue Einöde vor dem Fenster vorüberziehen. Die Fahrt endet jäh, als ein mysteriöser Anhalter zusteigt und fast schon beiläufig mit einem Countdown das Ende der Welt einläutet: Bei Null angekommen blitzt ein blendend weißes Licht auf – Sun-young erwacht später mutterseelenallein im Taxi und findet sich in einer Welt wieder, in der keine Elektronik mehr funktioniert und in den Wäldern wilde Bestien lauern …
Bereits nach wenigen Minuten steigert sich Sung-hee Jos Debütfilm vom Roadmovie zum postapokalyptischen Film und damit zu einer Art Anti-Roadmovie; Straßen gibt es noch zur Genüge, bloß Bewegung, Vorankommen ist nicht mehr möglich. So irrt die junge Protagonistin auf der Suche nach Hilfe über beinahe zwei Stunden Laufzeit ziellos durch den verlassenen Landstrich und gerät dabei immer wieder an Fremde, die wenig vertrauenerweckend und ebenso ahnungslos wie Sun-young erscheinen. Die Welt ist kaputt, die materielle Sphäre lahmgelegt. Was bleibt, sind Menschen, die sich verstört an nutzlos gewordene Apparate und banale Accessoires klammern und sich das Leben gegenseitig zur Hölle machen. Der Überlebenskampf ist ein stiller und mit einer Zurückhaltung inszeniert, die Stillstand und Redundanzen einem konventionellen Spannungsaufbau und logischen Erklärungen vorzieht. Die Gewalt, die wieder und wieder ausbricht, bleibt genau wie die menschenfressenden Monster meist ungesehen im Off. Einzig auf der Tonspur tut sich stets was: Da dröhnt es monoton, ein Monster brüllt, das Walkie-Talkie rauscht und lautstark wird ein Schokoriegel verschlungen.
Der Vergleich mit Filmen wie John Hillcoats „The Road“ oder Michael Hanekes „Wolfzeit“ liegt beim Betrachten der trost- und farblosen Bilder nahe, „End of Animal“ verzichtet aber sowohl auf Hillcoats Sentimentalität als auch auf eine eindeutige moralische Lektion à la Haneke. Vielmehr noch erinnert Sung-hee Jos Film an das Theater des Absurden; wo Leerlauf herrscht, alle Ideale bereits aufgegeben wurden und die banalen Dialoge eher Folterinstrument als Mittel zur Verständigung sind. Dass der Film den Zuschauer_innen dabei immer wieder vermeintliche Hinweise zur Entschlüsselung der rätselhaften Vorkommnisse vorsetzt, mag beim Zuschauen noch motivieren, den Trip durch diese Welt aus Schmerzen, Schmatzen und Schlürfen durchzustehen. Wenn am Ende allerdings der Film selber wie ein ödes Niemandsland anmutet und keinem der zahlreichen Deutungsansätze von der religiösen Parabel bis zur Zivilisationskritik wirklich Raum gibt, bleibt ein schaler Nachgeschmack und ein Gefühl von Leere. Die Desillusionierung, die im absurden Theater das eigene Denken herausfordern will, bewirkt hier Lust auf bunte Täuschung und eskapistisches Vergnügen als Gegenprogramm zum pessimistischen Weltentwurf. Wenn Sun-young zum Schluss nach Durchleiden ihres ganz persönlichen Horrorszenarios bloß an das Leben davor anknüpfen will und sich unverändert nach sattem Alltag sehnt, kann man ihr das als Zuschauer_in nicht verübeln und durchaus nachvollziehen. Der Traum vom eigenen Kühlschrank schien nie tröstlicher. Die Apokalypse jedoch bleibt in „End of Animal“ ein zwar alptraumhaftes aber über das Erleben hinaus folgenloses Intermezzo.
DVD: Bild- und Tonqualität sind gut, die Sprachausgabe ist koreanisch mit deutschen Untertiteln. Auf der DVD finden sich noch einige Trailer zu Filmen aus dem Programm von Rapid Eye Movies.