Phase 7

(AR 2012; Regie: Nicolás Goldbart)

Slacker in der Endzeitzone

„Phase 7“ ist ein Endzeit-Virus-Thriller, der sich in der Anlage des Films sowohl bei Paco Plazas „Rec“ als auch bei Chris Goraks „Right at your Door“ bedient. Und freilich ebenso bei unzähligen anderen Filmen des Genres. Allerdings gesehen durch eine ironische Brille, denn der Protagonist ist der zum Erwachsensein gezwungene Slacker Coco, dessen Frau Pipi (Namen wie aus einem absurden Theaterstück) kurz vor der Entbindung des gemeinsamen Kindes steht. Und als hätte der sympathische Wuschelkopf mit dem S.O.D.-T-Shirt durch das ständige Herumkommandieren seiner Gattin, die mit einem aufbrausenden Temperament gesegnet ist, nicht schon genug zu tun, nein: plötzlich steht auch noch die Welt am Abgrund. Nach einem Einkauf in der Mall gelangt die junge Familie zurück in den Wohnblock, wo kurze Zeit später das Dekontaminierungsteam das Gebäude abriegelt und dann mit Schutzplanen versiegelt. Es ist ein tödlicher Grippevirus, der nun am Ein- und Ausdringen, je nachdem, gehindert werden soll. Das junge Paar denkt sich nichts dabei, Vorräte hat man ja eben noch ausreichend gekauft und kaputte Glühbirnen ersetzt der Nachbar, der in weiser Voraussicht für die Apokalypse vorgesorgt hat. Doch dann gehen die Froot Loops aus!

Nun, ganz so albern wird „Phase 7“ dann doch nicht, obwohl die Froot Loops tatsächlich zur Neige gehen. Coco wird alsbald in die Machtspiele und Konkurrenzkämpfe der Nachbarschaft hineingezogen und muss mit einem roten Anzug und Gasmaske herumlaufen – ohne zu wissen, ob dies überhaupt notwendig ist. Wenig später ist man auch bewaffnet. Und wer unter Quarantäne steht, vom Rest der Welt abgeschnitten ist, entwickelt eigene Hierarchien und Machtstrukturen. Im Kampf um Vorräte wird bald geschossen und Sprengfallen mit Stolperdrähten werden im Treppenhaus angebracht, die Schädel platzen durch den Splatterfilm und versauen die Korridore des Neubaus. Coco ist klar: das muss er jetzt hinkriegen, er muss Pipi hier rausschaffen, irgendwohin, wo es sicher ist. Doch draußen, da tobt die Welt.

„Phase 7“ ist ein Film, der ohne Zombies auskommt. Das ist schon mal gut, obwohl der Schritt zu einem „Rec 3“ nicht weit gewesen wäre. Hier diszipliniert sich Goldbart, wie überhaupt in diesem sehr strukturierten Film. Schauplatz ist beinahe ausnahmslos das Haus; eine handvoll Figuren sowie deren Interaktion ist alles, was dieser Film braucht. Dass ihm auf halber Strecke dann doch die Luft ausgeht, liegt daran, dass eigentlich nichts Interessantes mehr passiert. Zu vorhersehbar sind die kleinen Entwicklungen, zu redundant die Kabbeleien. Ein Thriller hätte hier mehr Plot gebraucht, oder mehr Wahnsinn, oder einen spannenderen Nebenstrang. Zum Ende hin wird es leider auch noch willkürlich, wie dann urplötzlich doch die asiatische Familie wie aus dem Nichts auftaucht und mal eben dem Protagonisten das Leben rettet. Etwas ärgerlich ist das sogar. Auch die Chancen, die die Architektonik des Gebäudes bietet, werden nicht wirklich genutzt. Dafür ist es auch einfach zu durchschnittlich und nichtssagend, und weit weniger reizvoll in Szene gesetzt, als das etwa der tolle „Rammbock“ (Marvin Kren, 2010) vorgemacht hatte, welcher gerade durch seinen Schauplatz und dessen inszenatorische Einbindung so überzeugen konnte. Ganz zum Schluss fahren die Überlebenden schließlich durch eine zerstörte Stadt auf ein unbestimmtes Hoffnungsziel zu. Wäre „Phase 7“ ein fünfzig Minuten kurzer Langfilm geworden, dann hätte er das Zeug zu einem kleinen Genre-Hit gehabt. So zerdehnt er sich wie Kaugummi auf dem Straßenpflaster unter einer heißbrennenden argentinischen Sonne.

Benotung des Films :

Michael Schleeh
Phase 7
(Fase 7)
Argentinien 2012 - 97 min.
Regie: Nicolás Goldbart - Drehbuch: Nicolás Goldbart - Produktion: Sebastian Aloi - Bildgestaltung: Lucio Bonelli - Montage: Pablo Barbieri Carrera , Nicolás Goldbart - Musik: Guillermo Guareschi - Verleih: Koch Media - Besetzung: Daniel Hendler, Jazmín Stuart, Yayo Guridi, Federico Luppi, Carlos Bermejo, Abian Vainstein
Kinostart (D): 30.11.-0001

DVD-Starttermin (D): 30.11.-0001

IMDB-Link: http://www.imdb.com/title/tt1568816/