Die Adaption eines norwegischen Krimibestsellers von Jo Nesbø wird als nächster großer Skandinavienexport nach der 'Millennium'-Trilogie beworben, hat aber mit traumatophilen Bilderrätsel- und Stammbaumdechiffrierungsspielen Stieg Larsson’scher Prägung wenig zu tun. Um die Mitte versprüht der Thriller 'Headhunters' etwas Wirtschaftsverschwörungsparanoia; davor aber zelebriert der Film zu Bossa Nova-Beschallung kess montierte Gebrauchscoolness, wie sie auch seine PR-Linie prägt.
Ein arroganter Führungskräftejobvermittler mit Doppelleben als Kunstdieb (Aksel Hennie) lässt – ob in Form von gezierten Businessmeeting-Männerritualen oder per Off-Kommentar – allerlei smarte Berufsweisheiten auf uns los: 'Regel Nummer 1…, Nummer 2…, Nummer 3…' Und weiter ist zu hören, dass wie der Kunstmarkt, so auch Lebenslaufbahnen auf fiktiven Werten, auf reinem 'Renommee', basieren. Also, wenn uns zu diesem Zeitpunkt nicht eh schon die Rückenansicht seiner blonden Gattin, von Beruf Galeristin (what else?), beim Duschen im Designerhaus sprachlos gemacht hat über die Anmutung von so viel stilvollem savoir vivre, dann sind wir spätestens durch solche Einsichten geflasht und bereit zur Entgegennahme der Lektion, dass alles unecht ist und nichts wie es scheint.
Und schneller als wir „Coen-Brüder!“ sagen können, kippt hier ein Plan ins Desaster, wird der Dieb zum Gejagten des Beklauten (der sich als ehemaliger Special Forces-Soldat mit ausgeprägten Tracking-Fähigkeiten entpuppt, gespielt von Nikolaj Coster-Waldau) – und irgendwann findet er dann hilf- und haarlos zur Demut vor dem Leben. Freilich, die Momente der Einsicht und des Geständnisses, dem der aus Hochmut tief Gefallene gleich noch einen lang verdrängten Kinderwunsch hinterherschiebt, diese bekehrungsmoralische Form von Sinnbildung gegenüber dem lediglichen Lifestyle ist so reaktionär wie schematisch. Wenn der Film und sein Held ganz am Ende den Tonfall souverän beschwingter Oberschlauheit wiederfinden, ist das zwar inkonsequent und so enervierend wie zu Beginn, aber fast schon eine Erleichterung: Wir sind hier also doch nicht beim 'Jedermann' der Salzburger Festspiele oder bei einer dieser antibürgerlichen Ressentimentetüden in Sachen 'Die Großen ganz klein-Machen', die sich heutzutage – im Kino oder sonstwo – als kritische Bearbeitungen von deregulierter Kapitalherrschaft oder Karrierementalität aufspielen.
Dass der Renommee-Experte auf der Flucht – ein Fall von Kapitalflucht, möchte man sagen – sich von all dem Tand seines kaufkräftigen Status lösen muss, von der Rolex, von der gepflegten rotblonden Mähne bis hin zur Entblößung in kreatürlicher Nacktheit samt Regenerationsbad im klaren Quell eines Flusses (Norwegen scheint ja als Tourismusdestination entzückend zu sein …) – diese Motive des Alles-Abwerfens machen auch ohne symbolische Aufladung genug Sinn, nämlich im Survivalthriller-haften Abschnitt des Films (der die verblüffende Doppeldeutigkeit der Berufsbezeichnung Headhunter ausspielt): Wer überall DNA-Spuren oder Minisendersignale hinterlassen könnte, muss eben ganz zum bloßen Körper werden und in der Stofflichkeit einer zuvor bloß mit pikierten Fingerspitzen berührten Umwelt aufgehen. Die eingangs eher schulbuchhaft bemühte pushyness der Regie von Morten Tyldum entfaltet hier manche Vorzüge, hält den Druck aufrecht und arbeitet mit lockerer Hand einige schön irrwitzige Verfolgungsjagdsituationen in Wald, Schlucht und Plumpsklo heraus.
Vom heist movie in ,,Oceans'-Manier über Paranoia im Fincher-Barock des hohlen – eben auch doppelbödigen – Luxus (man denke etwa an 'The Game' von 1997) bis zur Rettung des nackten Lebens im Dreck wie in einem zerknirschungsethischen Horrorschocker: Diese drei zunächst separat aktivierten Brennstufen werden zuletzt alle gleichzeitig gezündet. Das ergibt drei Filme in einem, also insgesamt einen immer wieder halbwegs guten.