Man sollte mal über „Ghost Rider: Spirit of Vengeance“ sprechen, auch wenn der Film nicht der Rede wert ist. Die Comicverfilmung – eine mystisch-verquaste Actionstory – sieht aus wie die bewegte Bebilderung von Heavy-Metal-Albumcovern aus den 80ern: Titelfigur ist ein feuerumtoster Totenkopfmann auf einem feurigen Motorrad, der kettenschwingend die Bösewichter bekämpft. Fürs vollends Stilechte fehlen nur noch nackte Frauen an seiner Seite. In diesem Film jedenfalls wird – unsinnig-eklektizistischerweise – unvermutet auch das Cover des Pink Floyd-Albums „Wish You Were Here“ zitiert, der Handschlag mit einem Brennenden – sinnfreie Referenz in einem sinnfreien Film.
Dieser zweite Ghost Rider-Film jedenfalls scheint eine Ära der Schallplattencoververfilmungen einzuläuten. Denn nicht so konkret, aber offenkundig genug wirkt „Die Frau in Schwarz“ wie das filmgewordene erste Black Sabbath-Album. Die schwarzgekleidete Frau vor einer halbverfallenen viktorianischen Villa inmitten eines verwilderten Gartens mit diversem Gestrüpp: das ist die Atmosphäre im Örtchen Crythin Gifford, wo das Anwesen Eel Marsh House, fast unerreichbar auf einer Watt-Insel gelegen, nach dem Tod der Besitzerin verkauft werden soll, und wo sich die Geister umtreiben, angeführt von der Frau in Schwarz: „What is this that stands before me? Figure in black which points at me!”
Dies ist der erste Film mit Daniel Radcliffe in der Hauptrolle nach den Harry Potter-Zeiten. Und wieder kriegt er es mit dem Übernatürlichen zu tun, ist mit dem Zug unterwegs an einen verzauberten Ort – aber nicht von Gleis 9 ¾ aus, sondern eher, wie Jonathan Harker in die Karpaten kutschiert. Er, der Anwalt Arthur Kipps, soll die Formalitäten von Erbschaft und Verkauf regeln. Der Film spielt in den 20ern, Autos und Telefon sind selten, der Aberglaube ist stark und die Traumata, die das Böse in Eel Marsh House heraufbeschworen, liegen erst ein paar Jahrzehnte zurück, in einer Zeit, als auf dem englischen Thron die in Trauerkleidung gewandete Königin saß … Doch es geht weniger um die viktorianische Gesellschaft zwischen Repression und Großmachtsempire als um die ganz persönlichen Trauermomente von verlorenen Ehefrauen und verlorenen Kindern. Der bösen schwarzen Frau ist die weiße Frau der Liebe gegenübergestellt, die Braut von Mr. Kipps, die im Kindbett starb, und dem rachsüchtigen Zorn der Toten die Trauer all derer, die ihre Kinder verloren haben an den Tod, zum Sterben verführt vom schwarzen Geist.
Es gibt die Hammer-Studios wieder, die in den 60er Jahren ihre eigenen stilbildenden Horrorfilme schufen und nun diesen Film produzierten, der den Geist des Unheimlichen hervorruft: höchst atmosphärisch die Ausstattung des Films, sowohl der paar ärmlichen Hütten des Dorfes wie auch des Herrenhauses, vollgestopft mit allerlei Nippes, Figuren, Puppen und Spieldosen. Kaltes, verregnetes, nebliges Wetter in einer kargen Küstenlandschaft, eine Villa auf einer Insel, die nur über einen Fahrweg erreichbar ist, der bei Flut verschwindet – der Hintergrund ist so klischeehaft wie perfekt, wie auch die Schauer- und Schockmomente des Films sich am traditionellen filmischen Repertoire bedienen, aber dennoch funktionieren.
Schatten und unheimliche Geräusche, Gesichter an Fenstern und Figuren in verregneter Nacht, kleine Suggestionen und große Effekte – man weiß, was kommen wird, und erschrickt doch. Das ist die Kunst der Gruselinszenierung. Gut, manchmal wird ein Schatten zu deutlich von unheimlicher Musik begleitet, und zwischendrin wird das allzu ähnliche Auftauchen der Erscheinungen fast eintönig – wie der Song „Black Sabbath“ allzu lange am Tritonus-Riff hängt. Doch der nächste Schock im Film – wie der nächste musikalische Einfall von Black Sabbath – folgt sogleich. Bis „Die Frau in Schwarz“ dann in einem perfekten Ende – soll man es happy nennen? – mündet.