Paul Poet ging für ZDF / Arte auf Weltreise von Brandenburg bis Australien und stellt jetzt flott und munter seine Beobachtungen vor. Eine musikunterfütterte, unterhaltsame TV-Doku über Leute, die aussteigen, in die Esoterik flüchten, sich Dealer ins Nest holen, mit Flößen auf Abenteuerfahrt gehen, sich touristisch verkaufen oder eine Sexsekte gründen. Sechsmal hat Poet Station gemacht, mal teilnehmend (Sex in Belzig), mal distanziert (Christiania, laut Film das Dealer- und Drogenparadies).
Das ist was zum Hinkucken. Trotzdem enttäuscht 'Empire Me'. In einem Einführungsvortrag werden wir gecoached. Erwin Strauss empfiehlt sein Buch How to Start Your Own Country, adressiert an Freigeister und Piraten. Leistet Widerstand! Jeder an seinem Platz! Aber nichts davon oder allenfalls nur ein bisschen von dem, was die Einleitung verspricht, löst der Reisebericht ein. Ein Gemeinsames der sechs Aussteigerstationen ist nicht erkennbar, schon gar nicht der Wille, Staat zu machen.
Die ausführlich begründete Eingangsthese meint es ernst. Was wir davon in Poets Bildern wiederfinden, ist Spaß, den sich die vielen mehr oder minder sympathischen Spinner machen. Jedenfalls ist die Familie auf der Nordsee-Schrottplattform schlau. Vater und Sohn kommen durchs Internet-Hacken und dubiose Geschäfte zu Geld. Mutter hat eine Pistole unterm Kopfkissen, um der aggressiven Hackerkonkurrenz zu widerstehen. Legal das alles, wegen der Kontakte zur Uno. Weiter nach Australien: Die Monarchenmaskerade wird zur Touristenattraktion. Geld fließt. Wieder weiter zur esoterischen Sekte im Piemont. Und dann nach Belzig: 80 Kilometer von Berlin wird 'Menschengestaltung' durch Sex geübt. Die Kamera kann sich nicht sattsehen an nackten Gestalten, in Öl gebadet. Brav hat ein Mädchen die Lektion gelernt: 'Ich schätze an euch Männern, dass ihr so gut in mir reinpasst.' Super das, macht doch Spaß, teilnehmenden. Überdies lernen wir, dass schon die DDR in Belzig den Frauen, die sie im Westen einsetzen wollte, beibrachte, wie man Liebe macht. – Schon gut, schon gut. Klar ist das putzig. Aber wird dadurch der brandenburgische Erotikrausch zur Widerstandsleistung?
Der Film driftet ab. Was bleibt, sind Schauwerte. Was zum Selbermachen? Nä, so kommen wir nicht ins Geschäft.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 01/2012