Die spanische Filmcrew unter der Leitung ihres pragmatischen Produzenten Costa (Luis Tosar) benimmt sich auf ihre Weise zunächst fast so skrupellos wie die goldgierigen Konquistadoren des 15. und 16. Jahrhunderts unter Christoph Kolumbus: Um den historischen Film über die brutale Eroberung Amerikas möglichst günstig zu finanzieren, verlagert man das Geschehen von der Karibik in die östlichen Anden Boliviens, wo sich überdies die zahlreichen indigenen Statisten für einen Hungerlohn gewinnen lassen. „Mir geht’s nur um den Film“, antwortet Costa auf die Gewissensbisse seines visionären Regisseurs Sebastián (Gael García Bernal). Die spanische Filmemacherin Icíar Bollaín wiederum nutzt diese doppelte Ausbeutung in ihrem neuen Film „Und dann der Regen“ (También la lluvia) für eine leicht schematische Spiegelung der Vergangenheit in der Gegenwart und damit für die Darstellung der Widersprüche zwischen Kunst und Leben. Die Arbeit des Filmemachens wird also einmal mehr zum Thema.
Einfallsreich und immer wieder überraschend inszeniert Bollaín die Übergänge zwischen Film und Film mit ihren jeweiligen Graden der Fiktion. So erzählt sie den historischen Stoff in wechselnden medialen Brechungen: Zum Beispiel im Making of, mit dem die Assistentin Maria (Cassandra Cíangherotti) die Spannungen und Widersprüche im Team während der Dreharbeiten festhält und das zugleich die Schnittstelle zur Gegenwart markiert; vor allem aber anhand von Drehbuch-Lesungen, szenischen Proben, den Imaginationen des Regisseurs Sebastián, Mustervorführungen und nicht zuletzt den konkreten Dreharbeiten. Geschickt und effektiv integriert Bollaín auf diese Weise die Geschichte in der Geschichte und reflektiert überdies die Arbeit mit dem Medium Film.
Um die inneren Konflikte der Filmcrew im Spannungsfeld zwischen Kunst und Leben zuzuspitzen, spiegelt Icíar Bollaín die Themen Unterdrückung und Ausbeutung zusätzlich im sogenannten „Wasserkrieg“ des Jahres 2000, als in Cochabamba die Wasserversorgung privatisiert wurde und sich das Wasser um 300 Prozent verteuerte. Dagegen formierte sich ein massiver Volksaufstand, dessen – in der Fiktion des Films – indigener Anführer Daniel (Juan Carlos Aduviri) wiederum mit dem aufständischen Taino-Häuptling Hatuey des Jahres 1511 identifiziert wird. Aus den Parallelen dieser doppelten historischen Rolle entwickelt der Film einen Großteil seines dramatischen Konfliktpotenzials, verbunden mit emotionalen Zuspitzungen, die den anvisierten Realismus unterwandern. Dabei geht es vor allem um die „menschliche Bekehrung“ eines unpolitischen Filmproduzenten, der erkennen muss, dass seine Arbeit ganz konkret mit der umgebenden Wirklichkeit verknüpft ist und dass das Leben und die Freundschaft manchmal wichtiger sind als die Kunst. Denn, so Daniel: „Ohne Wasser gibt es kein Leben.“