Mika Kaurismäkis Dokumentarfilm „Mama Africa“ über die südafrikanische Sängerin Miriam Makeba
Zum Lied „Soweto Blues“, gesungen von Miriam Makeba, sehen wir Bilder von Straßenkämpfen im Zeichen der Apartheid. Kurz darauf erzählt die junge südafrikanische Sängerin von ihrer Geburt in einem Gefängnis, in dem ihre Mutter wegen illegalen Bierbrauens im März 1932 für kurze Zeit inhaftiert war. Das bewegte und bewegende Leben Miriam Makebas ist von Anfang an geprägt von Gefangenschaft und Trennung. Als Tochter einer Heilerin in Prospect Township nahe Johannesburg aufgewachsen, wird sie früh mit den Paradoxien der Rassentrennung, mit Diskriminierung und Unterdrückung konfrontiert. Mika Kaurismäkis sehenswerter Dokumentarfilm „Mama Africa“, der die Lebensstationen der ebenso engagierten wie charismatischen Künstlerin nachzeichnet und dafür Archivmaterial und Zeitzeugen-Interviews verwendet, akzentuiert diese Verschränkung von Leben, Musik und Politik.
„Ich singe nicht über Politik, ich singe bloß die Wahrheit“, wird Miriam Makeba gleich zweimal zitiert. Aus dem Understatement dieser Aussage leuchtet nicht nur die Kraft ihrer Musik, sondern auch ihr Selbstverständnis als politische Künstlerin, die sich vor allem der Menschlichkeit verpflichtet fühlte. Als „Königin der Musik Südafrikas“ apostrophiert, lässt sich an ihrem künstlerischen Ausdruck unmittelbar das Glück des Singens beobachten und damit auch die integrative Funktion ihrer Performance, die sich aus einem „schwarzen Bewusstsein“ (H. Belafonte) speiste, also die Traditionen und Lebenswirklichkeiten der „black commuity“ reflektierte. Dabei war sie ein musikalisches Naturtalent voller Gefühl, von klein auf vom Singen beseelt und von seiner heilenden Wirkung erfasst. 1952 tritt sie in ihrem Heimatland zusammen mit den Manhattan Brothers auf, bald danach ist sie Mitglied des bewunderten Frauentrios „The Skylarks“. Als sie 1959 in Lionel Rogosins Anti-Apartheid-Film „Come back, Africa“ mitwirkt und daraufhin zu den Filmfestspielen in Venedig eingeladen wird, verweigert ihr das südafrikanische Regime die Rückreise in die Heimat.
Es folgen viele Jahre des Exils in den USA, wo sie von ihrem Kollegen Harry Belafonte unterstützt wird, im berühmten Jazzclub Village Vanguard auftritt, mit „Pata Pata“ (zu Makebas Bedauern ein „Lied ohne tieferen Sinn“) ihren ersten großen Erfolg feiert und vor den Vereinten Nationen über die Lage in Südafrika spricht. Doch nach ihrer Heirat mit dem ebenso kämpferischen wie redegewandten Black Panther-Aktivisten Stokely Carmichael, der vom FBI überwacht wird, kehren die Mechanismen der Diskriminierung zurück. Ihre Auswanderung nach Guinea wird zu einer weiteren Station ihres Exils, das erst mit der Freilassung Nelson Mandelas im Jahre 1990 endet. Immer wieder sucht Mika Kaurismäki zusammen mit ehemaligen Bandmitgliedern, mit Freunden und Familienangehörigen private Refugien und Orte ihres Wirkens auf und lässt so Miriam Makebas (musikalischen) Spirit lebendig werden. Das Leid des Getrenntseins, verbunden mit mehreren persönlichen Schicksalsschlägen, überschattet dabei immer schwerwiegender ihr Leben. Doch so wie die Botschaft ihrer Lieder einem ganzen Kontinent Hoffnung geben, erfährt auch die „Mama Africa“ in ihrem Gesang persönlichen Trost und neue Kraft.