Fahles Licht fällt in die menschenleeren Straßen und dunklen Hinterhöfe eines Glasgower Problemviertels. Joseph (Peter Mullan) ist mal wieder betrunken; und weil er beim Wetten Geld verloren hat und zum Jähzorn neigt, tritt er gegen den eigenen Willen seinen geliebten Hund „Bluey“ zu Tode. Anderentags wirft der allein lebende Witwer wutentbrannt einen Stein in die Schaufensterscheibe eines Pfandleihers, prügelt sich mit Jugendlichen und streitet sich mit einem Nachbarn, der ihn mit seinem Kampfhund bedroht. Joseph ist ein einsamer, innerlich getriebener Mensch, dessen Abscheu vor den anderen einem zerstörerischen Selbsthass entspringt und der sich zwar kennt, aber doch öfters die Kontrolle über sein Handeln verliert.
In aschgrauen Bildern und mit konzentriertem Erzählduktus schildert der britische Schauspieler Paddy Considine in seinem kraftvollen Regiedebüt „Tyrannosaur“ eine trostlose, gewalttätige Welt. Deren Ausdruck ist eine gestörte, aggressive Kommunikation, die sich als umfassende, alle Lebensbereiche durchdringende Sprache der Gewalt in einem permanenten Gegeneinander manifestiert und nicht selten menschverachtende Züge trägt. Über die konkreten sozialen Bedingungen hinaus zeigt Considine aber vor allem Menschen, die ihr „wahres Ich“ nicht kennen und geradezu existentiell in ihrem Schmerz gefangen sind.
Als Joseph auf die gläubige Hannah (Olivia Colman) trifft, die im Stadtteil einen Charity-Shop betreibt, keimt nur sehr zögerlich Hoffnung auf. Denn die verheiratete, kinderlose Frau aus einem besseren Viertel, die wider alle Vernunft und gegen die eigene Erfahrung an das Gute im Menschen glaubt, ist selbst eine tief Versehrte und Gedemütigte, die von ihrem Mann geschlagen und vergewaltigt wird. Nackte Angst, verzweifelte Gegenwehr und zunehmender Hass bestimmen ihr Leben. Paddy Considine unterzieht seine Figuren einer harten Prüfung und konfrontiert sie dabei auf erschütternde Weise mit religiösen Zweifeln und der schwierigen Frage nach den Grenzen der Vergebung. „We were wasted all“, singen The Leisure Society zum Abspann des Films. Vielleicht entgeht der Mensch tatsächlich nicht seinen dunklen Schatten. Doch trotz aller Zweifel und Negativität eröffnet “Tyrannosaur” den Protagonisten des Films letztlich die Perspektive auf eine noch ungewisse, vielleicht aber bessere Zukunft.