Wer ist Angela Chase? Eine Frage, die sich auch Angela Chase, High-School-Schülerin aus einem fiktiven Vorort Pennsylvanias, immer und immer wieder stellt. Nachdenken, Grübeln und Träumen ist überhaupt wichtig in „Willkommen im Leben“, um dem Alltag aus Schule, Familie und Wochenenden einen Sinn zu geben und herauszufinden, was das alles jetzt mit einem selbst zu tun hat. Nichts scheint sicher in Angelas Welt, alles ist Veränderung: Auf einmal ist da eine neue beste Freundin und mit ihr „Crimson Glow“ als neue Haarfarbe, ein Pickel kann eine ganze Woche ruinieren und selbst die Eltern sind nicht mehr das, für was man sie gehalten hat …
Die Stärke von „Willkommen im Leben“ liegt vor allem in der komplexen Darstellung eines Teenagerdaseins im Amerika der 90er. Sichtlich in der Tradition eines John Hughes‘ nimmt die Serie seine heranwachsende Protagonistin ernst und lässt sich auf ihre Lebenswelt ein. Angela gibt hier den Ton an, ihr Voice-Over erlaubt Einblicke in ihr Seelenleben (was manchmal durchaus peinlich sein kann) und kommentiert ihre Umwelt mit dem kritischen Verstand einer Pubertierenden. Selbst die zahlreichen Nebenstränge um Angelas Familie und Freunde handeln dabei stets auch von der Protagonistin, indem sie Angelas Gedankenwelt und inneren Konflikte illustrieren und widerspiegeln. Durch dieses verdichtete Erzählen wird zwar einerseits Angelas Charakter recht vielschichtig, andererseits werden die Probleme ihrer weniger behüteten Freunde wie Alkoholsucht, Rassismus und Homophobie nur oberflächlich betrachtet und heruntergespielt. Ihre Schicksale sind Motor für das Treiben im Hause Chase, in dem sich sonst nicht viel ändern würde außer den Frisuren. Angelas Kernfamilie rückt näher zusammen in Anbetracht des ganzen Elends da draußen, das im Hintergrund rauscht. Diese Fixierung auf das weiße Suburbia wirkt oft befremdlich, etwa wenn die Auftritte der zahlreichen schwarzen Schüler sich darauf beschränken im Hintergrund Rap zu hören und Malcolm X’ Rede über den Selbsthass der Afroamerikaner zur Erbauung für von Pickeln geplagte Teenies gerät.
Nach 19 Episoden kam bereits das Aus für „Willkommen im Leben“, unter anderem auch deshalb, weil Hauptdarstellerin Claire Danes nicht mehr Angela Chase sein wollte. Das kann man ihr nicht übel nehmen, da das Niveau zwar auch gegen Ende der Show noch hoch war, aber schon deutlich nachließ (von der fürchterlichen Weihnachtsepisode einmal ganz zu schweigen). Das Interesse an den Nebenfiguren blieb zu oberflächlich, stattdessen wurden die Probleme der Familie Chase wiedergekäut und die Serie begann immer selbstreflexiver zu werden. Angela denkt darüber nach, dass sie zuviel nachdenkt, ihre kleine Schwester verkleidet sich als Angela und ihre beste Freundin Rayanne imitiert sie; die Serie scheint geradezu besessen von der eigenen Protagonistin. Mit der Stagnation der Geschichte schleicht sich Selbstironie ein, als könnten auch die Drehbuchautoren das dauernde Seufzen und Haarsträhne-hinters-Ohr-streichen nicht mehr ernst nehmen. Dass dann so plötzlich Schluss war, bevor man über Haie springen konnte, kam „Willkommen im Leben“ zugute. Und Angela Chase war eh längst zu einer Ikone des Teen-Dramas geworden.
Zur DVD:
Bild- und Tonqualität sind okay. Auf der DVD befinden sich sowohl die deutsche als auch die englische Sprachfassung, allerdings gibt es keine Untertitel und auch keinerlei Extras.