Die an und für sich völlig legitime, wenngleich mitunter von Kritikerkollegen auch etwas wohlfeil (in „Jud Süss – Film ohne Gewissen“ war Bleibtreu doch ganz wunderbar als Knallcharge!) gestellte Frage: Brauchen wir wirklich noch einen weiteren Nazi-Kostümfilm mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle? – hier ist sie tatsächlich fehl am Platz. Denn Wolfgang Murnberger („Der Knochenmann“) ist mit „Mein bester Feind“ ein überaus intelligenter Film gelungen, der seine Spannung nicht etwa im Blick auf das auch nur vermeintlich glückliche Ende generiert, sondern vielmehr durch den aberwitzigen Weg dorthin.
„Mein bester Feind“ erzählt die Geschichte zweier Männer zwischen 1938 und 1945. Der eine, Viktor (Moritz Bleibtreu), ist der Sohn reicher jüdischer Kunsthändler, der andere, Rudi (Georg Friedrich), ist der Sohn von deren Putzfrau. Die jüdische Familie hat Rudi immer als Ziehsohn betrachtet, aber der hat sich selbst immer als Parias begriffen – und tritt seiner Ziehfamilie schließlich gleich nach dem Anschluss Österreichs in einer feschen SS-Uniform gegenüber. Rudi will endlich auch einmal etwas darstellen in der Welt. Die Geschichte von „Mein bester Feind“ ist schnell erzählt: Die Juden besitzen etwas sehr Wertvolles, was die Nazis gerne hätten – eine Original-Zeichnung von Michelangelo. Doch es kursieren zur Sicherheit auch mehrere Fälschungen dieser Zeichnung. Davon weiß Rudi leider zunächst nichts.
Was folgt, ist eine aberwitzige Verwechslungs-, Verfolgungs- und Macht-Komödie (kein Slapstick!), die trotz aller Volten nie vergisst, dass man als Jude mit Nazis nur verhandeln kann, wenn man etwas so unerhört Wichtiges wie eine Original-Zeichnung von Michelangelo besitzt. Kommt so gut wie nie in Realität vor – und der Film stellt auch ganz deutlich klar, dass de facto mit der Kunsthändler-Familie kurzer Prozess gemacht worden wäre. Jetzt dauert dieser Prozess etwas länger.
Dass hier ein Märchen vom Überleben erzählt wird, das es in der Realität schwerlich gegeben haben dürfte, hält der Film in jeder seiner unglaublichen und oft auch unglaublich komischen Volten präsent: woran erkennt man einen SS-Mann, wenn er keine SS-Uniform mehr trägt? Schwierig zu beantwortende Frage, gerade auch nach Kriegsende. Und ist auch sozialpsychologisch zu jedem Moment auf der Höhe der Handlung, wenn er den Nazismus in jeder Faser seines Systems als blanken Terror- und Gewaltzusammenhang beschreibt, der sich jederzeit auch gegen die eigenen Leute richten kann, weshalb auch ein paar Figuren ziemlich sang- und klanglos aus dem Film verschwinden.
Wenn ganz am Schluss die Überlebenden mit einem Bild des ermordeten Vaters in der Hand (scheinbar) triumphierend von dannen ziehen, dann ist diese Feier des Überlebens zugleich ein begrüßenswert unversöhnliches Memento Mori. Klüger, unberechenbarer und wirklich mit erstklassigen Darstellern in Spiellaune besetzt kann man sich Unterhaltungskino mit politischem Anspruch und Respekt vor der Intelligenz des Zuschauers eigentlich nicht wünschen.