Eine schmale Wohnung mit Blick aufs Meer. Aber die dreiköpfige Familie ist nicht im Urlaub, sie lebt hier und das in mehrfach beengten Verhältnissen. Der Vater ist Chauffeur eines bekannten Politikers, welcher nachts am Steuer einschläft und dabei einen Menschen tötet. Um seine Karriere nicht zu gefährden, verspricht er dem Chauffeur eine gute Summe Geldes, wenn er sich für den Unfall schuldig bekennt und statt seiner ins Gefängnis geht. Die Einwilligung des Vaters und der Druck des auferlegten Schweigens aber lösen Kräfte der Zersetzung frei, denen sich auch die Ehefrau und der erwachsene Sohn nicht entziehen können. Sie beginnt mit dem feigen Politiker ein Verhältnis und ihr Sohn, als er das bemerkt, verliert seine ohnehin labile Fassung. Drei Leben sind durch einen Akt der Korrumpierbarkeit aus ihren Bahnen geworfen.
Wie erwartet, vernachlässigt der türkische Regisseur Nuri Bilge Ceylan, der mit Filmen wie „Uzak – Weit“ (2003) oder „Iklimler – Jahreszeiten“ (2006) internationale Aufmerksamkeit weckte, in seinem neuen Film, für den er in Cannes die Palme für die beste Regie erhielt, die kriminologischen Aspekte der Erzählung gegenüber einer intensiven Studie des Geflechts fataler Leidenschaften und Abhängigkeiten, die durch eine Lüge freigesetzt werden können. Seelische Untiefen und innere Widersprüche scheinen die Protagonisten zu beherrschen, aus jeder Handlung folgt eine neue Verwicklung und Einschränkung, ein weiterer Schritt in das Desaster.
Dem Regisseur geht es nicht um Motivationsforschung. „Drei Affen“ erörtert dieses auf beinahe nur seine drei Hauptpersonen beschränkte, aber Allgemeingültigkeit beanspruchende, Dilemma Menschsein auf geradezu antipsychologische Weise, indem er lediglich die Kamera in Gesichter schauen lässt, wenn es sein muss, minutenlang, um ihnen und ihren Unberechenbarkeiten ohne Antizipation Zeit, Raum und Wirkung zu lassen. Latente Zerstörung, gefasst in fast entfärbte, streng und klar durchkomponierte Bilder. Ein so pessimistisches, sich Deutungen entziehendes Gemälde, kann zur Folter werden, vielleicht aber auch zum Test, wieviel vorsprachliche Menschen-Wirklichkeit man ertragen kann, bevor man sich in die Weltbilder-Kuschelecke trollt. Wenn auch „Drei Affen“ so manche Nachvollziehbarkeiten versagt, so schenkt er doch die Freiheit der undirigierten eigenen Wahrnehmung. Und ganz so, als wäre er ein großer Film, hinterlässt er ein Bild, das sich einbrennt: Hier steckt die Familie in ihren schmalen drei Zimmern, in ihrem selbstgebauten Gefängnis, und nur kurz dahinter liegt – unerreichbar – der große Horizont mit dem Meer.