„The day I wasn’t born“, lautet der englischsprachige Titel von Florian Cossens Debütfilm „Das Lied in mir“. Nimmt man zu diesen beiden Titeln noch den Slogan „Buenos Aires is waiting for you“ hinzu, der überdeutlich auf einer Reklametafel im Flughafengebäude der argentinischen Metropole prangt, so sind die wesentlichsten Motive dieser leicht melancholischen Selbstfindungsgeschichte bereits genannt. Denn als die Schwimmerin Maria Falkenmeyer (Jessica Schwarz) an besagtem Ort auf ihren Anschlussflug nach Chile wartet, hört sie ein spanischsprachiges Kinderlied, das unbewusste Erinnerungen bei ihr auslöst und sie in der Folge auf schmerzliche Weise mit ihrer unbekannten Kindheit in Kontakt bringt. Am Beginn der Suche nach ihrer wahren Identität verliert Maria symbolträchtig ihren Pass. Wenn sie dann später ihren Kinderausweis in Händen hält, findet sie sich mit einem abweichenden Geburtsdatum konfrontiert.
Marias beunruhigter, herbeigeeilter Vater Anton (Michael Gwisdek) klärt sie zögerlich und schuldbewusst auf: Er habe sie adoptiert, ihre leiblichen Eltern stammten aus Argentinien und seien während der Militärdiktatur verschleppt und vermutlich getötet worden. Doch mit diesem unfreiwilligen Geständnis ist ihr Adoptivvater noch nicht entlastet; vielmehr unternimmt Maria eine Spurensuche in eine dunkle Vergangenheit, auf der sie von dem liebenswerten Polizisten Alejandro (Rafael Ferro) begleitet wird. Dabei lernt sie ihre wahre – sehr authentisch dargestellte – Familie kennen und entdeckt allmählich das Geheimnis ihrer Herkunft, das wiederum ihr Verhältnis zu Anton nachdrücklich verändern wird.
Florian Cossen erzählt diese Identitätsgeschichte, an deren Ende die Vergebung stärker ist als die Anklage, im Kontrast zu jener gesellschaftlichen Verdrängung der Geschichte, die den Opfern die Bearbeitung ihres Traumas verwehrt. Dabei versetzt er seine Heldin auch räumlich in einen Großstadtdschungel, dessen Bilder bereits im Vorspann wie eine bewegte Wasseroberfläche immer wieder ins Undeutliche verschwimmen. Wahrheit und Lüge, Gegenwart und Vergangenheit wechseln permanent, was Coosen durch kleine Verschiebungen in der zeitlichen Chronologie noch akzentuiert. Leider verzichtet er andererseits an einigen prägnanten Stellen auf erzählerische Konzentration, um stattdessen gefühlige Stimmungsbilder zu inszenieren.