Eine unterhaltsame, humorvolle, skurrile und berührende Gastarbeitersaga. Das Spielfilm-Debüt der Samdereli-Schwestern und, um es gleich zu sagen, das Debüt einer durchgehenden emotionalen Tonalität, deren Fehlen in anderen Versuchen, mit der jüngsten deutschen Geschichte zu spielen, mit diesem Film bewusst wird. Also kein Kostümfilm, keine Studiodialoge, sondern so etwas wie Bodenhaftung und das-Herz-auf-dem-rechten Fleck seit den frühen sechziger Jahren in Anatolien, in denen die ersten Gastarbeiter vom Wirtschaftswunderland angeworben werden (Es sollten bis zum Stopp 1973 vier Millionen werden, aber solche Zahlen sagt der Film nicht. Sowohl Pädagogik als auch Kunstwillen ist ihm fremd. Zu wünschen wäre ihm das große Publikum, das sonst gern auf Kostümfilmdiät gesetzt wird).
Zurück zur Saga. Erste Erfahrungen in der BRD (es spielen deutsche türkischstämmige, TV-Serien-erprobte Darsteller). Ein Blick auf die ausgesprochen befremdenden Verhältnisse (diese ebenso witzige wie entlarvende Perspektive auf dieses unsere Land lohnt allein schon den Gang ins Kino). Stars wie Axel Milberg haben Gast(!)-Auftritte wie diesen zur Einbürgerung: „Verpflichten Sie sich, die deutsche Kultur als Leitkultur zu übernehmen?“ – „Ja“. – „Sehr schön. Das bedeutet, Sie werden Mitglied in einem Schützenverein, essen zweimal die Woche Schweinefleisch, schauen jede Woche Tatort und verbringen jeden zweiten Sommer auf Mallorca.“
Ach ja, die Saga. Die Sippe folgt ins exotisch anmutende, abenteuerlich effektive Wirtschaftswunderland. Eingewöhnung. Einbürgerung (damals sarrazinfrei). Vollintegration der Jüngsten. Integrationsskrupel des Ältesten. Die Sippe rauft sich noch einmal zusammen, um mit dem Großvater in die anatolische Heimat zu fahren. Die Kulturen verhaken sich auch heute auf sehr unterschiedliche Weise, lächerlich, komisch und gemütvoll (endlich passt das altmodisch gewordene Wort wieder, im neuen türkischen Glanz). Danke Türkei! Damit möchte ich schließen. Im Film heißt es: Danke Deutschland! Am Rednerpult der achtjährige Cenk (Rafael Koussouris), und Anschela Merkel applaudiert. – Jaja, die Merkel hat sich integriert in diesen Film. Ist das nicht ein märchenhafter Beitrag zu den laufenden Debatten? Jei!
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 03/2011