Jetzt gibt’s den Film. Das Buch ist schon 600.000mal verkauft. Und es gibt den großen Streit, ob alles wahr ist oder manches geflunkert, das die Sängerin und Autorin Senait Mehari als ihr Erleben beschreibt. War sie in Eritrea als Kindersoldatin eingesetzt, oder ist sie dort nur zur Schule gegangen? War eine Schulkameradin eine brutale Kommandeuse, oder wurde die Autorin wegen übler Nachrede verurteilt (sie wurde nicht, weil sie 2008 in Berlin 1000 Euro Buße zahlte)? – Hallo? Interessiert das ein Schwein? Wer ins Kino gehen und alles für wahr halten will, was ihm vorgesetzt wird, hat selber Schuld. Wer dazu Stellung nehmen möchte, ob eine Schule, die mangels anderer Strukturen vom Militär (der Eriträischen Befreiungsfront) betrieben wird, per UN-Definition ein Kindersoldatenlager ist, sitzt sowieso im falschen Film.
Denn „Feuerherz“ ist ein erbauliches Traktat mit frommen Nonnen, die Feuerherzen als Talisman verschenken, und bösen Vätern, die Kinder züchtigen. Gleichwohl vermisst die zwölfjährige Heldin im gar nicht so üblen Lager den Familienzusammenhalt. Sie entlädt heimlich Waffen der erwachsenen Soldaten und wird abgemahnt. Heimlich schließt sie sich einer Kamelkarawane an und entkommt in die Sandwüste.
Die märchenhaften Landschaftsaufnahmen, in Kenia gedreht, bringen vom Gedanken ab, etwas für bare Münze zu nehmen. Auch die aufgekratzte Laienschar der Kinder, von der Handkamera verfolgt, gemahnt eher an ein Krippenspiel als an bittere Realität. Von Regisseur Luigi Falorni („Die Geschichte vom weinenden Kamel“, 2003) hätte man Besseres erwarten können. Vielleicht ist es ja auch da, verkleistert vom Musikgedönse, wie aus unseren TV-Liebesfilmen bekannt, und überdröhnt von einer Sprache, die, wieder tv-mäßig, bar jeder afrikanischen Atmosphäre, zwischen glasklaren Merksätzen (sechs Fernsehredakteure zählen zum Stab) und schmusigem Herz-Schmerz changiert (Co-Autorin Gabriele Kister schrieb fürs ZDF zuletzt das Drehbuch für „Wer Liebe verspricht“, „Sieg der Liebe“, „Das Haus der Harmonie“, „Traumzeit“, und für SAT 1 „Der Bergdoktor“, 1993-1997).
Ich denke, „Feuerherz“ findet nicht im fernen Afrika, sondern im häuslichen Fernseher seine wahre Heimat. Lieber nicht ins Kino gehen! Quote wird im TV gemacht! Und ferngesehen hatte die Printbuchautorin, um deren Geschichte es ging, schon seit Anfang der neunziger Jahre in Hamburg. Beim Vater, dem Emigranten, der sie hierher hatte nachkommen lassen. Sie ist eine von uns. Sie hat Erfolg. Und den wollen wir ihr nicht neiden.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 02/2009