Peepli ist ein Dorf in der indischen Provinz. Ein etwas trunksüchtiger Mann namens Natha und sein keineswegs tüchtigerer Bruder Budhia kehren mit eingezogenem Schwanz vom Amt zur Familie zurück: Haus und Grundstück sind in einer Verzweiflungstat verpfändet. Ausweglos wäre die Lage, hätte nicht Budhia die rettende Idee: Für die Familien von Bauern, die Selbstmord begehen, gibt der Staat als Nothilfe Geld. Natha lässt sich davon überzeugen, sein Suizid wäre deshalb eine gute Idee. Nur hat er das Pech oder das Glück – jedenfalls ist es etwas, das über ihn dann hereinbricht -, dass das Fernsehen Wind von seinem Vorhaben bekommt. Peepli wird überrannt von Medienvertretern, die hier eine Story wittern, die dem Zuschauer sehr zu Herzen geht.
Dies die Prämisse. Was in ihr steckt, holt “Live aus Peepli”, das Spielfilmdebüt der Regisseurin Anusha Rizvi, aus ihr raus. Vorgeführt werden die Mechanismen des Quotenerfolgs, für den ein spektakulärer Fall wie der Nathas sorgt, nicht jedoch ein zu Tode geschufteter Mann in der Grube. Natha selbst hat von Anfang bis Ende keine Kontrolle über das, was und wie ihm geschieht. Ein Opferlamm, das sich allerdings etwas spröde zeigt auf dem Weg zur ihm zugedachten Opferung auf der Schlachtbank. Zuhause allerdings sitzen ihm die Frau und der Bruder und vor allem die bettlägerig-schreiwütige Mutter im Genick.
Mehr als das Erwartbare entwinden Buch und Film der Prämisse freilich auch nicht. Auf allen Bollywood-Glamour, auf Gesang und Tanz, wenn auch nicht auf viel Musik auf dem Soundtrack, wird verzichtet. Heraus kommt dennoch kein Film, der an das herausragende indische Sozialkino der Sechziger anschließt, sondern eher international kompatibler Arthouse-Mainstream. Erstaunlich erdig und fäkalienfroh dreckig immerhin ist die Sprache der Dialoge. Etwas wie der komische Höhepunkt dann passenderweise der Moment, in dem das Fernsehen nach Nathas Verschwinden ein zurückgelassenes Häuflein Scheiße sehr genau unter die Lupe nimmt. Die große Beachtung, die der Film findet, verdankt sich nicht zuletzt dem Mann, der ihn produziert hat: Superstar Aamir Khan. Mitspielen allerdings im teils vor Ort aus den Laien gecasteten Ensemble tut er nicht. Für die Auslands-Oscar-Nominierung hat es trotzdem gereicht.