Angeblich hat schon Aristoteles über einen künstlichen Gehilfen des Menschen nachgedacht. Doch erst die Computertechnologie des 20. Jahrhunderts hat diesen utopischen Menschheitstraum in seiner Mischung aus Faszination und Schrecken in greifbare Nähe gerückt. Die virtuellen Welten der Sciencefiction und die realen Forschungen der mad scientists inspirieren sich dabei gegenseitig. Jens Schanze hat für seinen Dokumentarfilm „Plug & Pray“ jene futuristischen Laboratorien in Japan, den USA, in Italien und Deutschland aufgesucht, wo mit Nachdruck und Ehrgeiz an der Verschmelzung von Mensch und Maschine gebastelt wird. Was in den euphorisierten Visionen der einen jedoch als Grenzüberschreitung zu einem „neuen Menschen“ erscheint, ist für die anderen purer Ausdruck von Größenwahn und menschlicher Hybris.
Zu den prominentesten und schärfsten Kritikern solch technologischer Allmachtphantasien gehört der 1923 in Berlin geborene Joseph Weizenbaum. Selbst Computerspezialist und Pionier bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz hat sich der Forscher, der lange Zeit am Massachusetts Institute of Technology lehrte, Ende der 1960er Jahre unter dem Eindruck der Bürgerrechtsbewegung und des Vietnam-Krieges in kritischer Distanz zu seinem Fach positioniert. Einerseits ist er damit sich selbst zum Widerspruch geworden; andererseits hat er mit seinem Umdenken engagiert die ethische Dimension in den Diskurs um humanoide Roboter implementiert. Während seine Kollegen also dabei sind, den „neuen Menschen“ zu konstruieren, beharrt Weizenbaum auf einem Menschenbild, in dessen Zentrum die individuelle Entwicklung des Menschen sowie sein subjektiver und freier Wille stehen.
Im parallelen Aufbau von Schanzes Film ergeben sich so immer wieder wechselseitige Kommentierungen. Zum Beispiel wenn der italienische Forscher Giorgio Metta ein lernfähiges künstliches System vorstellt, der Japaner Hiroshi Ishiguro an der Konstruktion eines Roboters arbeitet, der eine möglichst hohe Menschenähnlichkeit aufweisen soll, oder wenn Nano-Technologen, die mit der Kreuzung von Informatik, Chemie und Biologie beschäftigt sind, davon schwärmen, „intelligente Zellen“ zu bauen. Der Traum von ewiger Jugend und Unsterblichkeit wird von diesen Wissenschaftlern ganz offen und voller Optimismus geträumt. Als Korrektiv dazu fungiert Joseph Weizenbaums Nachdenken über den Tod als „Service“ und sein wiederholt gezeigtes Eintauchen in die Musik von Händel, Schubert und Bach. Der Antagonismus von Geist und Materie, von Natur und zivilisatorischer Entfremdung, aber auch seine ganz andere Überwindung durch Kunst findet sich in diesen Passagen des Films angedeutet.