Machete Cortez ist tough as nails, bad to the bone, kurz: a motherfucker as bad as they come. Er ist alles andere als schön, zumindest im herkömmlichen Sinn. Sein Gesicht ist runzelig und pockennarbig wie eine Mondlandschaft, sein Köper bullig und massiv, seine langen ungebändigten Haare ölig, im Gesicht thront ein schwarzer Walrossbart. Danny Trejo spielt diesen Machete – ein archetypischer Bad-guy-Darsteller, dessen reales Leben ihn für solche Rollen zu prädestinieren scheint: schon in jungen Jahren drogenabhängig und kleinkriminell, insgesamt elf Jahre im Knast, u.a. in San Quentin für Drogendelikte und bewaffneten Raub, bevor er als Schauspieler zu sich und weg von der Straße fand.
Trejos Machete ist eine besondere Sorte Held. Kein Ritter in weißer Rüstung wie Antonio Banderas in Robert Rodriguez’ „Desperado“ (1995), der beim Showdown in einem weißen Blitz verschwindet und nach dem Shootout daraus als Sieger wiedergeboren hervortritt. Auch keine sympathische halbe Portion wie Carlos Gallardo in Rodriguez’ Debüt „El Mariachi“ (1992), seinem besten Film neben der TV-Produktion „Bad Boys Never Die“ („Roadracers“; 1994). Machete ist eher schon ein Held wie Marv (Mickey Rourke) in „Sin City“ und näher an den düsteren Comic-Universen Frank Millers, die zwischen Pop-Faschismus („300“) oder Post-hardboiled-Noir („Sin City“) oszillieren. Hier sind tumbe Fleischberge die Antihelden, die sich in Huren mit goldenem Herzen verlieben, ihre Gegner in Stücke schießen und Pädophile mit bloßen Fäusten kastrieren.
Wie diese Helden hat der Mexikaner Machete nicht nur den Körper einer Comicfigur, sondern agiert und reagiert auch wie eine. Ganz zu Beginn macht er mit Messer und Knarren eine halbe Armee nieder, schlägt Köpfe ab, trennt Torsi in der Mitte entzwei; hackt, sticht und metzelt. Dann findet er die Damsel in Distress, wuchtet die fast gänzlich nackte, kichernde Frau über die Schulter, nur um kurz darauf in einem ruhigen Moment von ihr beinahe entmannt zu werden. Die Wunde wird im Lauf des Films nicht mehr thematisiert, ähnlich wie der angeschossene Machete später einfach durch ein rohes Ei unter seinem Krankenlager wieder gesund wird – etwas, das Regie/Drehbuch einfach ohne weitere Erläuterung so im Film stehen lassen (Santería möglicherweise?). Auch sonst legt „Machete“ ein erfrischend realitätsfernes (und oft: rüdes) Verhältnis zum menschlichen Körper und seinen Fähigkeiten an den Tag. Da schlitzt unser Held etwa einen Gegner auf, greift sich die Gedärme und verwendet sie als Rettungsleine, als er aus dem Fenster springt, um sich ein Stockwerk tiefer durch eine weitere Scheibe in das nächste Zimmer zu schwingen.
Der Plot ist gegenüber solch absurden Kabinettstückchen nebenrangig und gewollt lustlos zusammengeleimt aus den Versatzstücken des Trash- und Exploitationkinos. Das wiederum ist ganz konsequent, liegt mit „Machete“ doch der filmhistorisch bislang einmalige Fall eines Films vor, der einen gefakten Trailer zur Vorlage hat. Diese ungewöhnliche Genese reicht vier Jahre zurück, zu Rodriguez‘ und Quentin Tarantinos Gemeinschaftsprojekt „Grind House“ (2007). Als sich die beiden Buddies aufmachten, ihr Double bill zu inszenieren, baten sie Filmemacher, dafür falsche, absichtlich trashige Trailer beizusteuern. Diese Trailer waren dann tatsächlich das Beste an dem Doppelprogramm (und bei uns natürlich nicht im Kino zu sehen): Eli Roth lieferte den schmierigen Trailer zu dem Slasher „Thanksgiving“ ab, Rob Zombie den irrwitzigen Sadiconazista „Werewolf Women of the S.S.“ und Edgar Wright eine Lucio-Fulci-Hommage namens „Don’t“. Von Rodriguez selbst kam „Machete“, dessen Langfassung nun also vorliegt.
An der Grundidee und dem Plot des Trailers hat sich hin zum abendfüllenden Spielfilm kaum etwas geändert: ein einsamer Wolf – Alleinstellungsmerkmal: Messerkämpfer mit Präferenz für Macheten – wird von politisch rechtsgerichteten Verschwörern als Sündenbock benutzt, verliert seine Familie und muss zusammen mit seinem Bruder (Cheech Marin, die eine Hälfte des dauerbekifften Duos „Cheech und Chong“ als schrotflintenbewaffneter Priester) und mexikanischen Immigranten gegen die fiesen Ausbeuter antreten, um Rache zu nehmen. Hinzu kommen Jessica Alba als gutwillige Immigrationsbeamtin und Michelle Rodriguez als Revolutionärin, ein von Don Johnson gespielter rechtsradikaler Sheriff, Steven Seagal als sadistischer Drogenzar und Robert De Niro als irrer Präsidentschaftskandidat – gewissermaßen die Kehrseite seiner „Taxi Driver“-Rolle als verhinderter Politikerattentäter. Das Ergebnis ist so kurzweilig wie der damalige Trailer, nur eben länger. Und dass Rodriguez mit den richtigen Leuten sympathisiert – Immigranten und Deklassierten – und zumindest filmisch mit den echten Bad Guys aufräumt – den korrupten Bullen, Ausbeutern und Pushern – und in seinem Trashfilm am Ende sogar noch eine soziale Revolte unterbringt, das versöhnt doch mit einigem. Ansonsten ist „Machete“ ein 1-A-Mexploitation-Flick, inklusive Santo-Kürzestauftritt, und allem, was dazu gehört: reichlich lustvoll zelebrierte Klischees sowie Sex, Gewalt und gute Laune. Nicht mehr, nicht weniger. Mit einem Sixpack und ein paar Freunden ist das Ganze ein Höllenspaß. Alleine oder für einen Pärchenabend womöglich untragbar.