Dass der Kapitalismus ein dem Menschsein und -bleiben einigermaßen unwirtliches Environment abgibt, das fällt immer wieder gerne auch Filmregisseuren auf. Es scheint gar, der Kapitalismus als filmisch vorgeformter Topos sei inzwischen ein willkommenes Hintergrundböses für das eine oder andere Stück Arthouse-Kino, wie etwa das Genre: Lakonischer Film, welches wiederum oftmals verhilft: zum Schmunzeln, zum Nachdenken, und hinterher zum Weitermachen – im Kapitalismus.
Im lakonischen Film „Die Hummel“ wird aufgehört mit dem Weitermachen, und das gleich doppelt. Ein Geschäftsreisender in Sachen Naturkosmetikprodukte namens Pit Handlos, den Jürgen Tonkel als mimisch reduziertes Unglück in Menschengestalt spielt, und die in ihrem Job fehlbesetzte Dame an der Reklamationstheke im Elektrokaufhaus, Christiane, die Inka Friedrich mit feinsensiblen Blicken ausstattet, treffen sich nach Jahren wieder und erkennen, dass sie sich selbst belügen – nicht zuletzt, weil der Kapitalismus das so braucht. Pit, so die an eine Sekte erinnernde Firmentaktik, muss seinen „warmen Markt“ aktivieren, sprich, seine Jugendfreundinnen zu einem Glas Wein einladen, mit ihnen über „den Festplatz, damals “ sprechen, ihnen zuhören, ihnen das Gefühl geben, ein Freund zu sein und dann seinen Produktkoffer öffnen. Im Normalfall führt Pit Kundinnengespräche dieser Art mit mehr oder weniger Eleganz und Erfolg, im Idealfall rekrutiert er die Kundin gleich selbst zur Mitarbeiterin – nur bei Christiane will ihm das nicht so leicht von der Hand gehen. Wie das bloß kommen mag? Eben: Weil Liebe und Kapitalismus nicht zusammen passen. Wir wissen das, weil der lakonische Film das weiß, und weil es den schon seit bald 30 Jahren gibt.
Das Genre, das sich Regisseur Sebastian Stern für seine Abschlussarbeit an der Filmhochschule ausgesucht hat, ist natürlich nicht das neueste, aber auch das schlimmste nicht, und, wenn man es einigermaßen einfallsreich bedient, einen Kinoabend wert. Stern ist die Umsetzung seiner Ideen gelungen, weil er welche hat: Sein schön und detailgenau ausgestatteter Film verfügt über gute Typisierungen mit passenden Darstellern (jede Figur besitzt eine ihr angemessene Glaubwürdigkeit), einen weitgehend unaufdringlichen, häufig trockenen, Humor und eine leicht angeschrägte Geschichte aus der Welt des kleinen Bürgers in der niederbayerischen Kleinstadt. Perlen, wie der Mini-Dialog zwischen Vater und Sohn, dem „Gruftie“: „Was ist eigentlich so toll an diesem Gruftzeugs?“ – „Das ist halt unsere Art von Lebensfreude“ – schmücken einen Film, dessen erste Hälfte schön und straff und auf den Punkt geschnitten ist, dessen Auflösung im letzten Viertel aber auch ein wenig vorhersehbar ist. Die Freiheit, die sich die beiden Protagonisten schließlich schleppend erarbeitet haben, wirkt fast zu total, so dass man danken möchte, für die Katharsis, die einem das Kinostück schenkte und morgen lieber weitermachen – in den Mühlen des Kapitalismus.