Nur auf der steilen Anhöhe über dem kleinen, entlegenen Bergdorf im Südosten Aserbaidschans lässt sich mit etwas Glück das Internetsignal einfangen. Mit Esel und Laptop begeben sich der alte Samid und sein jugendlicher Freund Ayaz auf den beschwerlichen Weg durch den Nebel, nur um am Zielpunkt mal wieder feststellen zu müssen, dass die Verbindung zur Welt jenseits ihrer traditionellen Dorfgemeinschaft instabil ist. In der bewaldeten Region nahe der iranischen Grenze, wo die Häuser vereinzelt stehen und sich tiefe Spuren durch den Lehm der unbefestigten Wege ziehen, lebt man noch ein bäuerliches Leben im Wechsel der Jahreszeiten. Auf den Nebel folgt knietiefer Schnee; und nach den Novruz-Feierlichkeiten mit Feuern und Liedern beginnt bald der Frühling mit dem Rauchen des Wildbachs und dem Gesang der Vögel.
Für den Filmvorführer Samid, der nach vielen Jahren sein fast schon vergessenes Gewerbe wieder aufnehmen will, ist das vor allem eine Zeit angespannten Wartens. Denn um seinen gerade entstaubten und von Spinnweben befreiten, noch aus Sowjetzeiten stammenden Projektor wieder funktionstüchtig zu machen, bedarf es einer selten zu findenden Projektorlampe, die er über jenes fragile Internet schließlich bei einem Anbieter in Litauen aufspürt. In der Zwischenzeit organisiert er für die geplante Vorstellung beim skeptischen Bürgermeister den Gemeindesaal, zimmert einen Holzrahmen für die Leinwand, die von Frauen genäht wird, und lässt Veranstaltungsplakate drucken. Daneben befragt er sein potentielles, in Erinnerungen schwelgendes Publikum nach Filmwünschen. Alte, moralische Filme mit Gesang und Tanz aus der indischen Bollywood-Produktion sollen es sein.
Orkhan Aghazadeh inszeniert seinen dokumentarischen Spielfilm „Die Rückkehr des Filmvorführers“ in einem weiten, verhalten dramatischen Spannungsbogen mit Verzögerungen, Rückschlägen und einem Finale, das sich den Erwartungen entzieht. Mit einem ruhigen, nachdenklichen Erzählrhythmus schildert er das jahreszeitliche Leben im Dorf, wo man sich gegenseitig hilft, sowie den Gegensatz zwischen Tradition und Moderne. Dieser wird vor allem durch einen Ausflug von Samid in die geschäftige Hauptstadt Baku und eine beeindruckende Hochhauskulisse vor dem Kaspischen Meer visualisiert. Hier ist sein 19-jähriger Sohn Polad bei einem Unfall auf einer Baustelle tödlich verunglückt. Samids Erinnerung an diesen schmerzlichen Verlust zieht sich leitmotivisch durch den Film. Seine wiedererwachte Kinoleidenschaft lässt sich insofern auch als Heilmittel verstehen.
Diese teilt Samid mit dem jungen Ayaz, der mit seinem Handy kurze Trickfilme herstellt und sich damit bei einem Festival bewerben will. Die beiden helfen und unterstützen sich gegenseitig bei ihren Projekten mit ungewissem Ausgang und verkörpern in Aghazadehs einfühlsamem, in kunstvollen Bildern komponiertem Film gewissermaßen die romantische Seite des Kinos. Die vielen gerahmten Einstellungen nehmen dabei das Motiv der Leinwand als begrenztem Bildausschnitt der Welt auf. Auch das Leben in dem kleinen Dorf hat seine Grenzen, die immer wieder auch überschritten werden; und zwar sowohl im improvisierten Dorfkino während einer holprigen Vorstellung als auch im wirklichen Leben, wo Ayaz für Samid als eine Art Ersatzsohn zum Trost für dessen Verlust wird.