Die sehr kursorisch gehaltenen Zuschreibung zu Beginn des Dokumentarfilms über die „psychedelische Underground-Blues-Band“ Steppenwolf zielen auf deren unangepasstes Renegatentum und musikalische Innovation. Dunkel, schmutzig und gefährlich sei das Image der Heavy-Metal-Pioniere gewesen, meinen etwa Alice Cooper, Jello Biafra von den Dead Kennedys oder auch der musikbegeisterte Filmregisseur Cameron Crowe. „Ihre Musik war ein Initiationsritus“, heißt es in den Statements der sich schnell ablösenden sprechenden Köpfe. Und: „Sie waren Rebellen, ohne Rebellen sein zu wollen.“ Oliver Schwehm bedient in seinem umständlich betitelten Film „Born to be wild – Eine Band namens Steppenwolf“ zunächst einmal mehr die für die Rockmusikgeschichtsschreibung typische Legendenerzählung. Dieser verklärende Blick auf den Mythos macht alles immer ein wenig größer als das wirkliche Leben und er heroisiert das Alltägliche und Gewöhnliche, als läge darin eine Prophezeiung.
Als Korrektiv dazu lässt sich die Doppelbiografie der deutschstämmigen Bandmitglieder John Kay und Nick St. Nicholas verstehen, die der Dokumentarfilmer Schwehm in Teilen erzählt und nicht zuletzt mit Privataufnehmen reichhaltig bebildert. Als Halbwaise Joachim-Fritz Krauledat gegen Kriegsende im ostpreußischen Tilsit geboren, wandert der spätere Sänger John Kay ebenso nach Kanada aus wie der aus einer angesehenen hanseatischen Familie stammende Karl Klaus Kassbaum. Während der sensible, sehbehinderte Kay einmal als kontrolliert und geerdet beschrieben wird, zumal er in seinen Songtexten auch seine Herkunft und seine Fluchterfahrungen reflektiert, gilt Bassist St. Nicholas als „fluid“ und ein bisschen schräg. Das später zugeschriebene düstere Band-Image lässt sich an diesen beiden so unterschiedlichen Persönlichkeiten, die im Film ausführlich zu Wort kommen, jedenfalls nicht ablesen; es wird aber auch nicht weiter erklärt.
Stattdessen illustriert Oliver Schwehm mit viel Musik und Bildmaterial die Bandgeschichte ab Mitte der 1960er Jahre, die unter dem Namen The Sparrows in Toronto beginnt und ein paar Jahre später in Kalifornien zur Gründung von Steppenwolf führt. Benannt nach dem gleichnamigen Hesse-Roman, sind es doch mehr die äußeren Signale dieses Titels, die im Verbund mit den verwegenen Outfits der Bandmitglieder und ihrem intensiven LSD-Konsum zum rebellischen Image der Gruppe beitragen. Zur „Biker-Band“ wird Steppenwolf schließlich durch den Song „Born to be wild“, der vor allem durch den Kultfilm „Easy Rider“ hymnische Berühmtheit erlangt. Doch der Erfolg währt nur ein paar Jahre. Die Band ist ausgebrannt, ihre Mitglieder sind zerstritten und so zerfasert Steppenwolf irgendwann in Einzelprojekten. Die Trennungskonflikte werden im Film weitgehend ausgespart; vielleicht auch deshalb, weil es Oliver Schwehm letztlich um eine versöhnliche Darstellung einer außergewöhnlichen Band und ihrer bemerkenswerten, letztlich gar nicht so „gefährlichen“ Protagonisten geht.