Als Morgengruß empfängt Delia (Paola Cortellesi) von ihrem gewalttätigen Ehemann Ivano (Valerio Mastandrea) eine schallende Ohrfeige, was die Mutter von drei Kindern, zwei halbwüchsigen Söhnen und einer Tochter im heiratsfähigen Alter, gleichmütig und wie selbstverständlich hinnimmt. Die regelmäßig wiederkehrenden Misshandlungen des jähzornigen Haustyrannen entschuldigt sie geduldig damit, dass er zwei Kriege erlebt habe und seine Nerven deshalb angespannt seien. Im Rom des Jahres 1946, also kurz nach dem Krieg und in einem Viertel sogenannter kleiner Leute, gehören solch Macho-Gebaren und männliche Dominanz zum normalen Alltag. Ivano erteilt Befehle, verbietet seiner Frau den Mund und würdigt sie permanent herab, während Delia aufopferungsvoll die Demütigungen und Schläge erduldet. Allerdings spürt man auch schnell, dass sie trotz aller Unterdrückung nicht nur willige Hausfrau und Mutter ist, sondern auch eine insgeheim selbstbewusste Frau mit eigenen Wünschen und Zielen.
Was hier nach schwerem Sozialdrama klingt, folgt jedoch den Regeln der Commedia all’italiana. Von Anfang an mildert die Schauspielerin Paola Cortellesi in ihrem Regiedebüt „Morgen ist auch noch ein Tag“ („C’è ancora domani), das in seinem Herkunftsland Italien zum außerordentlich erfolgreichen Publikumsliebling avancierte, die Härten des täglichen Lebens mit phantasievoller Komik und deutlicher Ironie ab. Dafür liefern wiederum stereotype Figuren und Rollenbilder, südländische Mentalitäten und Temperamente sowie absichtlich zugespitzte Klischees des sozialen Miteinanders den nötigen Stoff. Daneben findet Cortellesi vor allem aber mit überraschenden filmischen Mitteln zu einer federnden Leichtigkeit. Da wird zu Beginn das Bildformat „aufgezogen“, während ein scheinbar harmloses Frühlingslied die familiäre Düsternis sarkastisch konterkariert: „Öffnet die Fenster für die neue Sonne.“ Prügelexzesse werden entweder komplett hinter verschlossene Türen oder Fensterläden verbannt oder in eine spielerische Choreografie überführt. Und wenn sich eine alte Liebe in gedehnten Blicken manifestiert, fährt die Kamera gewissermaßen Karussell und wird zur umschließenden Verbündeten des Paars.
Auch Delias allmorgendlicher Gang zu ihren diversen Arbeitgebern, aufgenommen in Zeitlupe und in einem Seitwärtstravelling sowie mit hartem Bluesrock unterlegt, folgt einer Stilisierung, die den Alltag mit einem Augenzwinkern überhöht. Delia verteilt Spritzen, erledigt Flickarbeiten und hilft in einer Schirmwerkstatt, wo sie schlecht und im Vergleich zu ihrem männlichen Kollegen ungleich entlohnt wird; sie führt den Haushalt und kümmert sich um ihren grantelnden Schwiegervater. Vor allem aber will sie ihre geliebte Tochter Marcella (Romana Maggiora Vergano) vor einer absehbar unglücklichen Hochzeit bewahren. Doch dafür und für noch mehr an weiblicher Selbstbestimmung braucht es Verbündete und Verstecke, kleine Fluchten und ein geheimes Tun, das die Regisseurin gegen Ende ihres kurzweiligen und vortrefflich unterhaltenden Films mit einer retardierenden Dramaturgie der Verhinderungen in einem ebenso spannenden wie überraschenden Finale zuspitzt.