Der Name der legendären englischen Grafikdesign-Agentur Hipgnosis, die zwischen 1968 und 1980 mit ihren phantasievollen Cover-Gestaltungen das Artwork von Schallplatten revolutionierte, sei Programm: „Hip“ stehe für „cool und groovy“, „gnosis“ für Weisheit. Nur in Bezug auf den Namensgeber herrscht beim Rückblick diverser Zeitzeugen auf jene bewegten Jahre Uneinigkeit. Die Legende besagt, das Gitarrist Syd Barrett, damals noch Mitglied bei Pink Floyd, den Namen auf die Wohnungstür der Hipgnosis-Gründer Aubrey „Po“ Powell und Thorgerson Storm gekritzelt habe. Die beiden Kreativgenies hatten sich Mitte der 1960er Jahre im drogengeschwängerten Hipster-Underground von Cambridge kennengelernt und wurden bald zu unzertrennlichen „Brüdern“. Ihr Interesse für Rockmusik und Kunst führte unter den magischen Wirkungen von LSD bald zu ersten Cover-Entwürfen, die sie vor allem für ihre Freunde von Pink Floyd gestalteten. Ein „schwirrender Bilderkosmos“ sollte das „kaleidoskopische Gefühl“ des Space Rock imaginieren.
Gegen die etablierten Normen des Cover-Designs und gegen kommerzielle Interessen setzten der rudimentär ausgebildete Fotograf Po („Augen zu und durch“) und der menschlich schwierige, aber genialische Ideenlieferant Storm in ihren surrealen Collagen und synkretistischen Kompositionen einen radikalen Kunstanspruch. Ebenso ungewöhnliche wie rätselhafte Bildmotive entkoppelten mitunter das Design vom Band-Image; etwa wenn das Cover der Pink Floyd-Platte „Atom heart mother“ lediglich eine Kuh zeigt, auf „Animals“ ein Schwein zwischen Fabrikschloten schwebt oder auf der Plattenhülle zum Live-Album „Elegy“ von The Nice sich eine Reihe roter Bälle durch eine Wüstenlandschaft schlängelt, als handle es sich hier um ein Werk der Land Art. In einer Zeit der analogen Fotografie, der freien Improvisation und ungeahnter, mittlerweile von einer übermächtigen Musikindustrie einkassierter Möglichkeiten, scheuten die Macher von Hipgnosis keinen Aufwand. So wurde das auf einem Sofa schlafende Schaf für das 10cc-Album „Look hear?“ vor der Kulisse des Meeres in der Karibik fotografiert. Unter den mit übergroßen Lettern gestalteten Frage „Are you normal“ erscheint das aufwändige Bild auf dem Cover dann jedoch nur als Miniaturfoto. „Trockener Humor“ eben, nennen das die britischen Designer.
Der holländische Fotograf und Filmemacher Anton Corbijn, durch seine Arbeiten seit vielen Jahren mit der englischen Rockszene bestens vertraut, erzählt in seinem Dokumentarfilm „Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis“ die Geschichte der beiden Designer und ihrer Agentur vor allem entlang ikonisch gewordener Cover. Zu diesen gehört natürlich auch das Prisma auf der Plattenhülle von „The Dark Side of the Moon“ sowie der brennende Mann auf dem Album „Wish You Were Here“. Während diese Werke in ihren originalen Farben erstrahlen, hat Corbijn seine Interviews mit Aubrey Powell, David Gilmour, Paul McCartney, Robert Plant und vielen anderen in Schwarzweiß gedreht, was sich wiederum nahtlos in die schnelle Abfolge von historischem Bild- und Filmmaterial einfügt. Deutlich wird dabei auch, wie das Artwork von Hipgnosis die Musikszene beeinflusste und inspirierte. Ein jähes Ende fand diese Kunstform, als Anfang der 1980er Jahre das Aufkommen der Compact Disc und des Musikfernsehens das Konsumverhalten im Musikgeschäft veränderten. Unverkennbar nostalgisch blickt deshalb der Nachgeborene Noel Gallagher von Oasis auf diese Goldene Ära der Rockmusik zurück und zitiert dabei einen Satz, den er selbst gerne kreiert hätte: „Vinyl ist die Kunstsammlung der armen Leute.“