„Was soll ich mit dem Kerl?“, schimpft der Bergbauer Hubert Kranzstocker (Andreas Lust) bei der Ankunft seines etwa 8-jährigen verwaisten Ziehsohnes Andreas (Ivan Gustafik) auf dem entlegenen Hof in den Alpen. Die Fahrt dorthin auf einem Pferdewagen, aus subjektiver Perspektive aufgenommen, bedeutet für den schweigsamen Jungen mit dem ernsten, aufrechten Blick der Eintritt in eine neue, fremde Welt voller Entbehrungen und Schmerzen. Offensichtlich verstoßen und nicht gewollt, wird das als „Bankert“ verschriene Kind fortan von seinem schroffen, mitleidlosen Herrn als billige Arbeitskraft ausgebeutet und körperlich schwer misshandelt. Dabei paaren sich auf unselige Weise raue Umgangsformen und eine gewohnheitsmäßige Frömmigkeit. Abgesondert vom verwitweten Familienvater und seinen vier leiblichen Kindern, muss Andreas beim Essen in einer dunklen Ecke sitzen. Nur die alte Großmutter und Haushälterin (Marianne Sägebrecht) kümmert sich liebevoll um den Jungen und bringt ihm sogar das Lesen bei.
Zum Alleinsein in fremden, unwirtlichen Verhältnissen kommt mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges der Tod. Andreas Egger (Stefan Gorski) ist jetzt ein junger, starker Mann, der sich nicht hat brechen lassen und der sich weiteren Züchtigungen widersetzt: „Wenn du mich schlägst, bring ich dich um.“ Zwei Söhne des Bauern sowie die gute Ahnl sind gestorben, weshalb Andreas vom Militärdienst freigestellt wird. „Der Tod gebiert gar nichts, der Tod ist die kalte Frau“, sagt der alte, kranke Ziegenhirte, den Andreas eines Tages vergeblich zu retten versucht. Jetzt unabhängig von seinem brutalen Gebieter, verdingt sich der introvertierte Außenseiter als Tagelöhner und Holzmacher, bis er schließlich eine kleine Berghütte erwerben kann. Hier erlebt er ein kurzes, bescheidenes, aber gleichwohl flüchtiges Glück, das von seiner tiefen, scheuen Liebe zu Marie (Julia Franz Richter) geprägt ist. Die beiden reden wenig; umso tiefer und gedehnter sind ihre Blicke. Doch dann folgen weitere, harte Schicksalsschläge. Andreas zieht in den Zweiten Weltkrieg und kehrt als fast Vergessener aus sowjetischer Gefangenschaft zurück.
Wieder trifft er auf eine veränderte Welt. Mit dem Bau der Seilbahn haben Elektrizität und Tourismus Einzug in das Tal gehalten. Hans Steinbichlers Verfilmung von Robert Seethalers Erfolgsroman „Ein ganzes Leben“ spiegelt diese Umwälzungen an der so schwierigen, entbehrungsreichen Lebensgeschichte seines Protagonisten. Dessen fortwährender Überlebenskampf mit seinen Verlusten steht zur relativen Ahnungslosigkeit der Nachgeborenen in einem ebenso krassen Kontrast wie die Schönheit der weitgehend idyllischen Berglandschaft zu den Härten des Lebens. Vom Tod umfangen, hält Andreas an seiner Liebe fest und verliert dabei trotz aller Unbill nie das Staunen. Nicht immer gelingt es Hans Steinbichler in seinem avancierten Heimatfilm, die Balance zwischen „reinem Glück“, schwelgerischer Romantik und herben Verlusten zu halten. Zwischen Stille und Pathos, dramatischen Erlebnissen und kleinem Glück wird der Held dieser ungewöhnlichen Lebensgeschichte schließlich zum altersweisen Mann: „Ich habe niemanden, aber ich habe alles, was ich brauche. Ich weiß nicht, wo ich hergekommen bin oder hingehe.“