Ein riesiges, ausgetrocknetes Erdloch inmitten einer weiten Landschaft öffnet sich den Blicken der Betrachter. Am Kraterrand stehen sehr klein und verloren zwei Menschen, eine Richterin und ein Staatsanwalt, wie wir später erfahren. Emre (Selahattin Pacali), so sein Name, ist jung und neu an diesem Ort irgendwo in der türkischen Provinz, deren topographischen und geologischen Parameter in Emin Alpers spannendem Film „Burning Days“ zu Sinnbildern werden. Wenn sich Emre in seinem Auto durch die weite, staubige Landschaft bewegt, die am Horizont von hohen Bergen gesäumt wird, ist er allein und isoliert. Die Totale aus der Vogelperspektive vermittelt außerdem ein Gefühl der Ungewissheit. Als der Fremde in den fiktiven Ort Yaniklar einfährt, hört er Gewehrschüsse. Eine Blutspur zieht sich durch die Straßen, weil Jäger ein getötetes Wildschwein, an ein Auto gebunden, hinter sich her schleifen. Später klingelt ein junger Mann an Emres Tür, um in der alten Wohnung Rattengift auszulegen.
Die realen Gegebenheiten und Ereignisse, die Alper in der Exposition seines sehr kalkulierten Politthrillers versammelt, besitzen zugleich eine symbolische Ebene, die unterschwellig ein bedrohliches Potential entfaltet. Ein Anwalt, zugleich Sohn des Bürgermeisters, und ein grinsender Zahnarzt statten Emre ihren Antrittsbesuch ab, um die Wildschweinjagd und die eigentlich verbotenen Schüsse auf offener Straße zu verharmlosen. Die von Anspielungen und falschen Höflichkeiten, von Unausgesprochenem und schwelenden Konflikten getragene Kommunikation macht bald klar, dass die guten Vorsätze des idealistischen Staatsdieners hier auf die Traditionen und ungeschriebenen Gesetze alteingesessener Honratioren treffen, die sich wenig veränderungswillig zeigen. Vielmehr bilden diese eine eigene, korrupte Macht im Staat, die mit zwielichtigen Methoden ein Netz aus Lügen und Intrigen spinnt und dabei auch vor kriminellen Taten nicht zurückschreckt. Zu diesem Klüngel einer provinziellen Machtelite gehören außerdem der sich im Wahlkampfmodus befindende Bürgermeister, die opportunistische Richterin und ein angeblich oppositioneller Journalist.
Als bei einem feuchtfröhlichen Fest im Haus des Bürgermeisters, zu dem auch Emre eingeladen ist, eine junge Roma-Frau brutal vergewaltigt wird, gerät der sonst so selbstbewusst und gewissenhaft wirkende Staatsanwalt zwischen die Fronten. Weil er zum Zeitpunkt der Tat stark alkoholisiert war, ist seine Erinnerung lückenhaft. In kurzen Flashbacks auf das unklare Geschehen, vor allem aber in doppelbödigen, hervorragend gespielten Dialogsequenzen inszeniert Emin Alper ein permanentes Klima des Uneindeutigen und der Verunsicherung. Um seinen Ruf besorgt, steht Emre bald selbst im Zentrum von Gerüchten.
Während er in den vier Kapiteln des Films Verhaftungen veranlasst und Ermittlungen anstrengt, die außerdem mit der lokalen Wasserknappheit und mysteriösen Sinklöchern assoziiert sind, erhält er kompromittierende Botschaften und versteckte Drohungen. Schließlich wird er in einem fulminanten Finale selbst zum Verfolgten. Sein Scheitern an den eigenen Ansprüchen in Bezug auf Wahrheit und Gerechtigkeit zeigt die Gräben innerhalb einer Gesellschaft, deren korrupte Strukturen in ihrer Mischung aus überlieferten Privilegien und egoistischem Machtwillen unentwirrbar erscheinen.