Gedankenverloren und mit stierem Blick kämmt sich eine Frau mittleren Alters die Haare. Ihr inneres Auge sieht Bilder einer fernen Vergangenheit, die unscharf und in Zeitlupe vorbeihuschen. Manchmal hört sie auch Stimmen, die ihr Befehle geben. Ängstlich und geduckt, zieht sie sich dann vor der Welt zurück. Inger (Sofie Gråbøl) ist schizophren und lebt in einer psychiatrischen Einrichtung an einem dänischen Ort am Meer. Seit einem Aufenthalt in Paris, wo sie im Alter von 17 Jahren in einen älteren, verheirateten Mann verliebt war, leidet sie an einer gespaltenen Persönlichkeit und weiß nicht mehr, wer sie wirklich ist. Dabei kommuniziert sie klar, offen und direkt. Inger spielt Klavier, singt Chansons, spricht Französisch und ist literarisch gebildet. Wenn sie zu ihrer liebevollen, sehr zugewandten Schwester Ellen (Lene Maria Christensen) sagt: „Ich will dich erwürgen!“, meint sie das Gegenteil. Doch das versteht man erst später.
Im Herbst des Jahres 1997 – der tödliche Autounfall von Prinzessin Diana ist gerade Gegenstand der Nachrichten – unternehmen Ellen und ihr Mann Vagn (Anders W. Berthelsen) zusammen mit Inger eine Reise nach Paris. Diese wird für die hypersensible Heldin zu einer Fahrt in die Vergangenheit, in die sich immer wieder Traumbilder und Visionen mischen. Zusammen mit einer kleinen Gruppe macht man sich in einem Reisebus auf den Weg. Bald kommt es zu Konflikten und zu emotionalem Stress, weil ein mitreisender Schulleiter, der keine Abweichungen beziehungsweise Störung der „normalen“ Ordnung erträgt, sich gegenüber Inger immer wieder misstrauisch und feindselig verhält. Ganz anders begegnet dessen 12-jähriger Sohn Christian (Luca Reichardt Ben Coker) der psychisch kranken Frau. Neugierig stellt er Fragen, hilft ihr – zum Leidwesen der Mitreisenden – an einer Autobahnraststätte einen toten Igel zu begraben und wird später in Paris gar zu Ingers Komplizen auf der Suche nach ihrem früheren Liebhaber.
Er habe einen „Film über die Schönheit des Andersseins“ machen wollen, sagt der dänische Regisseur Niels Arden Oplev. Tatsächlich basiert sein berührendes Roadmovie „Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris“ auf wahren Begebenheiten und ist einer Geschichte seiner beiden Schwestern nachempfunden. Zur innigen Beziehung der Geschwister kommt Ingers enge Mutterbindung, die trotz räumlicher Distanz wiederholt dynamische Konflikte auslöst. In den Teils humorvollen Begegnungen mit der französischen Kultur, etwa beim Essen im Restaurant oder bei diversen Museumsbesuchen, ergreift zur Überraschung der Mitreisenden immer wieder Inger die Initiative und zeigt so ihre Talente. So entsteht allmählich ein verständnisvolles Miteinander unter den Reisenden, das von gegenseitiger Hilfe bestimmt ist. Trotzdem bleibt Inger auf ihrem Weg zu sich und ihrer vergangenen Liebesgeschichte unberechenbar und gefährdet. In Oplevs von einem sehr humanen Geist getragenen Film wird sie aber stets von anderen Menschen aufgefangen.