The Equalizer 3 – The Final Chapter

(USA 2023; Regie: Antoine Fuqua)

Do the right thing, Equalizer: Lass es sein

Wer sonst zieht so schön die Ober- über die Unterlippe, wenn er ein zu belehrendes Gegenüber mustert? Wer sonst kratzt sich so graziös am meist glatzigen Haupt, um dadurch einen Anflug von Zweifel auszudrücken? Zweifel nämlich an der eigenen Rolle als einer, der sieht, der streng erzieht, mitunter auch straft.

Die genannten Gesichtsgesten zählen zu Denzel Washingtons durchgängig bewährten Schauspiel-Manierismen, und die fusioniert er mit den Marotten des Rächers, den er im „Equalizer“-Franchise darstellt; in „Equalizer 3“ zum nunmehr (womöglich) letzten Mal. Da wird wieder die Serviette zum Teeritual gefaltet; da werden allsehenden Auges sämtliche Details einer Situation erfasst, die kurz erstarrt, ehe sie sich in einem Gewaltausbruch auflöst; da wird die Stoppuhr gestellt, um diesen seitens des Ex-CIA-Agenten souverän absolvierten Brutal-Exzess zu timen.

Mit Stammregisseur Antoine Fuqua – einem vielfilmenden Action-Routinier und bekennendem Fan von Akira Kurosawas Kinoklassikern über die zum Gesellschaftsbetrieb quer stehende Ethik der Samurais (siehe auch seine Version von „The Magnificent Seven“) – legt Washington seit 2014 reichlich gravitas in eine Pseudophilosophie vom Ringen ums Gute. Das Gute wäre ja, philosophisch wie politisch, die gesellschaftliche Gleichheit, die equality. Die „Equalizer“-Erfolgsthriller (vage zurückgehend auf eine Mid-Eighties-TV-Serie, deren Protagonist weiß und im Erscheinungsbild noch pensi-mäßiger war) verstehen das Gute jedoch nur aus der Warte einer herrschaftlichen Strafmoral, hinter deren Engagement für „ausgleichende Gerechtigkeit“, für equalizing, einiges an Ressentiment gegenüber der Niedrigkeit der Menschen und ihrer Alltage steckt. Also feiern die Filme Selbstjustiz, kreative Messernutzung, auch mal Folter, wenn’s denn nützt – und tun das im Pathos patriarchaler Autorität, die wohlmeinend und multiethnisch offen auftritt, die aber vor allem Jüngere ständig auf ihre subalternen Plätze verweist. Die halbwegs intakte Zielgruppenbindung älterer Kinopublika an „Equalizer“-Filme müssen wir uns (anders als bei der „John Wick“-Serie) zum Teil wohl so vorstellen wie die von Leuten, die ab Mitte der 1960er Jahre in knorrige John Wayne-Filme gegangen sind. Zum Teil – weil Wayne eine Ikone des White America war und nie Malcolm X verkörpert hat.

Dies ist ein Abschiedsfilm (oder eben doch nicht, weil in den USA überraschend erfolgreich – und de-aging könnte das Übrige bewirken). „Equalizer 3“ will viel, wackelt im Stil, ist dadurch skurril und gerade insofern nicht ganz ohne Reiz. In einem camorrageplagten Amalfiküsten-Dorf, in einem Tourismus-Klischee-Panorama, setzt Washington sich endgültig zur Ruhe und schnell noch eine lokale Jungmänner-Gang matt. Dass er das mit 70 Lenzen schafft – nämlich wirklich, wie auch auf dem Filmplakat, im Sitzen bzw. nach einer fast tödlichen Verletzung am Stock gehend –, weiters die Bruchstücke eines CIA-Krimis (mit Dakota Fanning in der hier weniger als sonst forcierten Rolle des jungen Menschen, der mit equalizender Lebensweisheit überhäuft wird) sowie die Anleihen an katholische Folklore, samt einer Doppelprozession (einmal mit Marienstatue, einmal parallel dazu mit krepierendem Mafiaboss), all das geht, hinkt, durch; irgendwie. Dass aber ein Schwarzer Neuankömmling im Land der Regierung Meloni wieder Law and Order etabliert, dies zumal im Kampf gegen Gangster, deren Büro eine Mussolini-Büste ziert, und dass er dabei als Teetrinker zum Cappuccino-Genießer und als loyaler US-Bürger zum Fan von italienischem Regionalfußball bekehrt wird, sodass Denzel inmitten von Tifosi über den Kirchplatz tänzelt – das ist höchst selbstwidersprüchlich und insofern dann doch etwas zu viel vom erzwungenen Guten.

Diese Besprechung saß zuerst in Kurzfassung in der Wiener Stadtzeitschrift Falter.

The Equalizer 3 – The Final Chapter
USA 2023 - 103 min.
Regie: Antoine Fuqua - Drehbuch: Richard Wenk - Produktion: Todd Black, Jason Blumenthal, Denzel Washington, Antoine Fuqua, Steve Tisch, Clayton Townsend, Alex Siskin, Tony Eldridge, Michael Sloan - Bildgestaltung: Robert Richardson - Montage: Conrad Buff IV - Musik: Marcelo Zarvos - Verleih: Sony Pictures - Besetzung: Denzel Washington, Dakota Fanning, David Denman, Sonia Ammar, Eugenio Mastrandrea, Gaia Scodellaro, Andrea Scarduzio
Kinostart (D): 31.08.2023

DVD-Starttermin (D): 24.02.2024

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt17024450/
Foto: © Sony Pictures