Die RAF, die Siebziger. Die Sympathisanten galten als Mittäter. Die Hysterie war ein Fressen für die Medien, ein Event nach dem anderen von der und für die Springer-Presse. Im „Spiegel“ gab’s zum Feindbild eine Serie. Die Behörden kamen in Schwung. Für die „Sympathisanten des Terrors“ hagelte es Berufsverbote, bis die Bundesrepublik sympathisantenfrei war. Die Demokratie verblich im Herbst.
Der Film changiert zwischen dem Schaltjahr 1968, zwischen den Alt-68ern, zwischen Familie und dem, was inzwischen Filmgeschichte geworden ist. Regisseur Felix Moeller lässt in seinem Dokumentarfilm seinen Stiefvater Volker Schlöndorff („Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, 1975) und seine Mutter, die Sympathisantin Margarethe von Trotta („Das zweite Erwachen der Christa Klages“, 1978), zu Wort kommen. Sie liest aus ihren Tagebüchern der RAF-Zeit vor. Neben ihr erinnern Filmausschnitte und Statements an den Herbst von damals. 40 Jahre danach treffen im Film Sympathisanten und (heute sympathisch wirkende) Täter zusammen. Einer wie Karl-Heinz Dellwo hatte 21 Jahre im Knast verbracht (wegen des Anschlags auf die deutsche Botschaft in Stockholm). Einige reden wie alte Herren: „Heute bin ich für die CDU. Für die Merkel.“ Tja. So läuft’s auf dem Klassentreffen.
Der Film widmet dem Danach einen gehörigen Platz. Und weiter? Felix Moeller macht einen Vorschlag. Wissenschaftliche Aufarbeitung sei angezeigt. Löblich, dann wäre die Dunkelzeit unserer Sympathisantenhysterie in den Schubladen der Akademiker untergebracht. Aber es bliebe die Frage, wie es gewesen wäre, in diesem Film auch nur ein einziges junges Gesicht zu sehen. Die Frage, was junge Leute von heute mit den Siebzigern anfangen können. Ich ahne die Antwort: „Keine Ahnung!“ Hallo? Gibt’s noch ’ne andere Antwort?
Moeller hatte 2014 mit seinem Film „Verbotene Filme“ dazu eingeladen, sich mit Veit Harlans „Jud Süß“ und anderen Nazi-Filmen zu befassen. Dazu brauchte es keine Worte, sondern die vertraute Werbeästhetik, die die Ausschnitte der alten Filme quietschbunt aufmotzt. Positiv formuliert: die Nazi-Filme gegenwärtig macht. Genau das macht „Sympathisanten“ nicht. Die klassische Dokumentarfilmästhetik lässt das Thema in der Vergangenheit ruhen.
Dieser Text erschien zuerst in: KONKRET 06/2018