Manche Horrorfilme sind heutzutage gut darin, an diversen Lifestylefreizeitmoden bloßzustellen, wie viel davon einer dinghaften Automatik entspricht, deren Ablauf wir in unserem Alltag unsere Gefühle und Phantasien anvertrauen. So etwa jene Filme, in denen virale Videocassetten, sinistre Super8-Streifen, pandämonische Polaroids oder ominöse Ouija-Boards sich unseres jeweiligen Lebens bemächtigen. Und dann gibt’s solche Horrorfilme, die sich im Kino besonders gut machen, weil sie die Aspekte der Saalsituation im Film mit abbilden: totale Dunkelheit wie in Höhlenkletterinnen-Schockern und Lebendig-begraben-Gruslern oder den immer noch halbwegs intakten Zwang, im Kino weitgehend den Mund zu halten – siehe „Don’t Breathe“ oder „A Quiet Place“, da wird die Stille zum Stil.
Der US-kanadische Schocker „Escape Room“ (besetzt u. a. mit der Newcomerin Taylor Russell, Logan „Lars Eidinger auf jung und mollig“ Miller und Tyler Labine, dem lustigen Bär aus dem noch lustigeren „Tucker & Dale“) jazzt den im Titel genannten, noch nicht sehr alten Rätselkammer-Gruppeneinschließungs-Real-Life-Game-Trend hoch. Da werden Dinge intim mit uns, und der Raum wird spürbar. Erwartungsgemäß unerwartet wird alsbald klar: Dieses Spiel ist ernst, es saugt alles in sich ein, auch die, die glauben, noch draußen zu sein oder nur zuzuschauen. Also auch uns, die wir da sitzen. Materie wird lebendig und lesbar. Auf Spukhaus-Schnitzeljagd im siedendheißen Foyer, im eisigen Wald, im bodenlosen Billardsalon upside-down und im Nineties-Retro-LSD-Kammerl schrumpft ein Zufallssextett munter dahin. Das Personal und die „Philosophie“ (Trauma rules und flasht), beides ist hier weniger unsympathisch als in den motivisch verwandten „Cube“- bzw. „Saw“-Franchise, macht sich aber dennoch breit. Ansonsten ist hier aber alles eng, schön dekoriert und liebevoll stressig. Wenn im Film die Uhr tickt, musst du im Saal nicht auf deine schauen. Das geht so einigermaßen auf.
Auch ein Kinosaal, der noch nicht – wie schon so viele – als Mehrzweckhalle für LAN-Games oder Teambuildingseminare missbraucht wird, hat etwas von einem Escape Room (zumal von diesem): Du bist mit Freunden hier oder mit Fremden im Raum (nerven können beide). Dir dämmert allmählich: Dass du und genau die Leute um dich herum hier sind, ist kein Zufall, sondern Teil eines perfiden Plans (er heißt Zielgruppenmarketing). Du musst hier raus, die Zeit drängt, die Blase platzt, und du irrst panisch über Gänge und Treppen, weil dieses Multiplex nur ein Klo hat – und das Leitsystem hat ein kryptophiler Sadist entworfen! Das ist mal ein Fall von Expanded Cinema.