Eine Zweieinhalb-Stunden-Saga. In den USA der siebziger Jahre reift ein Jack (imponierend angsteinflößend: Matt Dillon) zum Serienkiller, zur Ikone. Er ist intelligent, moralfrei und hält sich an die bürgerliche Ordnung.
Wenn er die detaillierten Regeln des Wildjägers beachtet und kunstgerecht eine Familie zur Strecke bringt, die sich des Waldes erfreut, dann muss jemand wie ich schon heftig durchatmen, denn ich habe selbst einen Enkel von zwölf Jahren und möchte seiner Leiche nicht anschließend das Festmahl einflößen. Aber die Jagdkunst ist wie die anderen Künste moralfrei, ich sagte es schon, jedoch vielleicht nicht mehr ganz. Jack ist schließlich auch nur ein Mensch und hat selbst das Bedürfnis, sich mit jemandem auszutauschen, den wir zwei Stunden lang als Stimme hören (Bruno Ganz) und letztendlich leibhaftig zu Gesicht bekommen, nachdem wir, im Epilog angelangt, noch erfahren haben, warum Jack sein Haus immer wieder abreißt.
Die Welt, dominiert von Hitler, Stalin und den moralfreien Herrschern oder den moralfreien Technikgläubigen – Vollmantelgeschosse! –, ist halt zu groß, und Geborgenheit findet Jack nur im Abgrund. In der Tropfsteinhöhle. Lars von Triers Sprung von harter Dokumentation (die fünf „Vorfälle“) zum sagenhaften, ja, bayreuthwürdigen Finale (der „Epilog“) zog auch mich Wehrlosen mit in den tiefen Feuerschlund.
Alles klar? Ich finde: ja! Die Jack-Saga ist Triers größter Film. Von „The Element of Crime“ (1984) bis „Melancholia“ (2011) ist alles drin. Von Anfang bis Ende.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 12/2018
Hier findet sich eine weitere Kritik zu „The House That Jack Built“.