Louise und die Schule der Freiheit

(FR 2024; Regie: Éric Besnard)

Ruf der Bildung

Als Louise Violet (Alexandra Lamy) nach einem langen, beschwerlichen Weg endlich das malerische Dorf im Zentralmassiv erreicht, ist sie dort, wo „der Himmel tief“ und „die Erde fett“ sind wenig willkommen. Ende des 19. Jahrhunderts soll die Lehrerin republikanische Werte und Bildung in die französische Provinz bringen und sich damit außerdem bewähren, um eine angebliche Schuld abzutragen. Denn die innerlich verhärtet wirkende Frau, so erfahren wir sehr viel später, ist während der Pariser Kommune mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Tatsächlich haben sie traumatische Erlebnisse gebrochen. Louise erwartet nichts mehr vom Leben, wie sie in einem ihrer zahlreichen, aus dem Off vorgetragenen Briefe schreibt. Trotzdem ist sie selbstbewusst, mutig und widerstandsfähig geblieben. Dass sie vom Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois) in einem Kuhstall einquartiert wird, erträgt sie mit Gleichmut. Doch dass sie von der Dorfbevölkerung als „Fremde“ missachtet und abgelehnt wird und die Schulkinder immer weiter ausbleiben, treibt sie schließlich zur Verzweiflung.

Éric Besnard konfrontiert in seinem neuen, geistreichen Film „Louise und die Schule der Freiheit“ („Louise Violet“) eine bäuerliche, unterentwickelte und Traditionen verhaftete Welt mit modernen, auf gesellschaftlichen Fortschritt zielenden Bildungsidealen. Während die Bauern ihre Kinder als billige Arbeitskräfte ganz selbstverständlich einspannen, um ihr karges, von Armut geprägte Leben zu sichern, glaubt Louise an eine bessere, von Gleichheit und Wahlfreiheit bestimmte Gesellschaft. Überzeugt, dass Unwissenheit Leid verursache, versteht sie sich als Aufklärerin, die allerdings überall aneckt. Erst als sie sich bezeichnenderweise als Geburtshelferin bewährt, beginnen die Dörfler, ihr zu vertrauen und schicken ihre neugierigen, bald wissbegierigen Kinder zur Schule. Dass „der Ruf der Bildung“ Früchte trägt, richtet auch die engagierte Lehrerin wieder auf. Das Lernen wird zur Arbeit an der eigenen Persönlichkeit. Und als die Dorfbewohner schließlich zusammen ein neues Schulhaus bauen, sieht Louise gar die sozialistischen Ideale Proudhons verwirklicht: „Vor meine Augen entsteht eine neue Welt.“

Natürlich bleiben diese Erfolge in Besnards historisch genau gearbeitetem, dem zeitlich gedehnten Rhythmus eines anderen, bäuerlichen Lebens und seinen natürlichen Zyklen folgenden Film nicht ohne Konflikte und Rückschläge, die der französische Regisseur mit viel Einfühlung inszeniert. Die Widersprüche, mit denen die sorgsam gezeichneten Figuren leben, sind vielschichtig und lassen sich nicht einfach auflösen. Der Kontrast zwischen ihrer rauen Lebenswirklichkeit und der Schönheit der Natur spiegelt sich schließlich auch in den Bildern des Films, der sich nicht scheut, trotz aller Härten auch Idyllen zu beschreiben. Visuell kontrastreich wurden vom Bildgestalter Laurent Dailland auch viele Dialoge fotografiert, in denen sich die von Kerzenlicht erhellten Gesichter von einem dunklen Hintergrund abheben, ja förmlich aus der schwarzen Nacht herausgeschnitten scheinen. Louise selbst wird zur Fotografin, die Zeugnis von der Schönheit ablegen möchte. Und sie vermittelt schließlich über alle Tragik hinweg eine Bildung, die nicht nur den einzelnen, sondern auch die Gemeinschaft stärkt.

Louise und die Schule der Freiheit
(Louise Violet)
Frankreich 2024 - 108 min.
Regie: Éric Besnard - Drehbuch: Éric Besnard - Produktion: Christophe Rossignon, Philip Boeffard - Bildgestaltung: Laurent Dailland - Montage: Lydia Decobert - Musik: Christophe Julien - Verleih: Neue Visionen - Besetzung: Alexandra Lamy, Grégory Gadebois, Jérôme Kircher, Jeremy Lopez
Kinostart (D): 10.04.2025

DVD-Starttermin (D): 04.09.2025

IMDB-Link: https://www.imdb.com/de/title/tt30192483/
Foto: © Neue Visionen