Der Lehrer, der uns das Meer versprach

(ES 2023; Regie: Patricia Font)

Reise in eine dunkle Vergangenheit

Der Abspann des Films zeigt eine Reihe von Dokumenten, die darauf hinweisen, dass die zuvor erzählte Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Aufgezeichnet und damit dem Vergessen entrissen hat sie der spanische Journalist Francesc Escribano unter dem Titel „Der Lehrer, der uns das Meer versprach“; unter dem wiederum Patricia Font den Stoff verfilmt hat. Die Erinnerungsstücke führen zurück in das Jahr 1935 und verbinden ein dunkles Kapitel der spanischen Geschichte mit der Gegenwart. Damals kommt ein junger, aus Katalonien stammender Lehrer in eine kleine Dorfschule der Provinz Burgos. Mit frischen Ideen und unkonventionellen Methoden begeistert Antonio Benaiges (Enric Auquer) bald die überraschten Kinder. Sein antiautoritäres Konzept, das die Kinder zum selbständigen Lernen ermutigt und sie vor allem darin bestärkt, Kinder sein zu dürfen, zeigt bald erste Früchte. Mit einer kleinen Druckerpresse stellen die Schülerinnen und Schüler eigene Hefte her; das Klassenzimmer wird zur Werkstatt und zum Versuchslabor.

Das gefällt nicht allen im Ort, namentlich der Pfarrer und der Bürgermeister blicken misstrauisch und zunehmend kritisch auf die Unterrichtspraxis des modernen Freinet-Pädagogen. Zumal dieser seine fortschrittlichen, kommunistischen Ansichten in Zeitungsartikeln veröffentlicht. Sein freigeistiges, von tiefer Menschlichkeit getragenes Denken und Handeln eckt bei den Traditionalisten an. Sein Plan, den Horizont der Kinder durch eine Exkursion ans Meer zu erweitern, muss schließlich, wie bereits der Filmtitel andeutet, ein Versprechen bleiben. Denn vor dem Hintergrund des heraufziehenden Spanischen Bürgerkrieges, der Jahre später zum Ende der Republik führt, wird der Lehrer von den Falangisten als „unpatriotisch“ und „unsozial“ gebrandmarkt und schließlich verhaftet.

Patricia Font erzählt ihren emotional bewegenden Film in Rückblenden und verschränkt diese mit der Spurensuche von Ariadna (Laia Costa), einer jungen, psychisch angegriffenen Mutter, die für ihren Großvater Carlos nach Anhaltspunkten für dessen einst im Bürgerkrieg verschwundenen Vater Bernardo recherchiert. Dass der kleine Carlos einst bei Antonio im Schulhaus wohnte, weil sein Vater inhaftiert war, ist eine von Ariadnas wichtigen und schmerzlichen Entdeckungen und zugleich ein Bindeglied zur Geschichte des Lehrers. Auch wenn die Erzählperspektiven der beiden Handlungsstränge verschieden sind, so sind doch Vergangenheit und Gegenwart untrennbar miteinander verknüpft. Ariadnas Suche beginnt bei einem der vielen Massengräber, die über das ganz Land verstreut sind und aus denen die Knochen und Habseligkeiten der Ermordeten erst in jüngster Zeit geborgen werden. Auch viele Jahre nach Francos Tod geht noch immer ein Riss durch die spanische Gesellschaft. Ariadnas Reise zu den Hoffnungen und Verbrechen der Vergangenheit endet schließlich bei einem Klassenfoto, das die Erinnerungen des alten Carlos tröstend zurückbringt.

Der Lehrer, der uns das Meer versprach
(El maestro que prometió el mar)
Spanien 2023 - 105 min.
Regie: Patricia Font - Drehbuch: Albert Val - Produktion: Francesc Escribano, Laura Fernández Brites, Carlos Fernández, Tono Folguera, Toni Soler - Bildgestaltung: David Valldepérez - Montage: Dani Arregui - Musik: Natasha Arizu del Valle - Verleih: 24 Bilder - Besetzung: Enric Auquer, Laia Costa, Luisa Gavasa, Ramón Agirre, Gael Aparicio, Alba Hermoso, Nicolás Calvo
Kinostart (D): 06.02.2025

IMDB-Link: https://www.imdb.com/de/title/tt11887316/
Foto: © 24 Bilder