Der Kamerablick schweift über die weite, staubige Steppenlandschaft der Wüste Gobi, als von einer kleinen Anhöhe herab plötzlich eine Horde wilder Hunde stürmt und auf der unbefestigten Landstraße den Unfall eines Überlandbusses verursacht. Auf fast schon skurrile Weise kippt das leichtgewichtige Fahrzeug einfach um. Zum Glück ist dann aber der Schrecken größer als der Schaden. Unter den aufgewühlten Passagieren befindet sich der schweigsame Lang (Eddie Peng), der nach zehn Jahren Gefängnis vorzeitig aus der Haft entlassen wurde und nun in seine Heimatstadt Chixia im Nordwesten der Volksrepublik China zurückkehrt. Dort befindet sich vieles im Umbruch. Öffentliche Orte und Einrichtungen wie zum Beispiel der Zoo und eine Bungeejumping-Anlage wirken trostlos und verlassen. Ein Großteil der ziemlich maroden und kaputten Häuser soll abgerissen werden. Und in den Straßen wimmelt es von streunenden, herrenlosen Hunden. „Als die Menschen weggegangen sind, haben sie die Hunde zurückgelassen“, heißt es einmal dazu. Um den Niedergang der verwahrlosten Stadt zu stoppen und diese für Unternehmer wieder attraktiver zu machen, ist eine umfangreiche Erneuerung geplant.
Und dafür sollen zunächst einmal die Hunde eingefangen werden. Der 38jährige Lang, der die Stadt nicht verlassen darf und sich wieder in die Gesellschaft eingliedern soll, wird verpflichtet, sich dem Trupp der Fänger anzuschließen. Als passionierter Motorradfahrer und ehemaliger Rockstar ist der stille Außenseiter, der fast nie spricht, sehr bekannt. Die meisten Menschen begegnen ihm rücksichtsvoll und mit Wohlwollen. Nur die Opferfamilie des Schlangenzüchters Hu, dessen Neffe bei einer Mutprobe mit Lang einst tödlich verunglückte, will Wiedergutmachung und sinnt auf Rache. Die Familie des Einzelgängers wiederum scheint zerstreut: Seine Schwester wohnt anderswo, der alkoholkranke Vater ist zu Hause ausgezogen, um sich im Zoo um die vernachlässigten Tiere zu kümmern. Auch Lang freundet sich mit einem Tier an, und zwar mit einem schwarzen, als gefährlich geltenden Windhund. Im preisgekrönten Film „Black Dog – Weggefährten“ von Hu Guang finden sich inmitten von Unordnung, Chaos und Veränderung zwei Außenseiter, die sich in ihrer Verlorenheit ähneln und ineinander spiegeln.
Während sich China im Sommer 2008 auf die Olympischen Spiele vorbereitet und die verbliebenen Bewohner von Chixia eine Sonnenfinsternis erwarten, versöhnt sich der Heimkehrer Lang allmählich mit seinem früheren Leben. Die wechselvolle, von Krisen und Schmerzen begleitete Beziehung zum titelgebenden schwarzen Hund sowie seine Begegnung mit einer Zirkustänzerin wecken in ihm zugleich die Lust auf einen Neuanfang inmitten gesellschaftlicher Umbrüche. Hu Guan inszeniert seine humane Botschaft im Kontrast zu den ebenso realistischen wie detailreichen Bildern einer verfallenen und zunehmend zerstörten Stadt. Ellipsen und ungewöhnliche Perspektivwechsel machen die markanten Stadtansichten zusätzlich überraschend. Die weite, stille und in sanftes Licht getauchte Wüstenlandschaft, wird, begleitet von Pink Floyds leitmotivisch eingesetztem Song „Mother, schließlich zum Fluchtraum für die Benachteiligten und Suchenden. „Für alle, die sich wieder auf die Reise machen.“ Und: „Für meinen Vater“, lauten die Widmungen am Ende des ebenso stimmungsvollen wie beeindruckenden Films.