Sad Jokes

(DE 2024; Regie: Fabian Stumm)

Krisengeschütteltes Durchhalten

Der Filmemacher Joseph (Fabian Stumm), der bisher traurige Filme gedreht hat, möchte jetzt traurige Filme machen, die zugleich witzig sind. Sein Produzent Gero (Godehard Giese), der die Komödie als „Königsdisziplin“ bezeichnet, findet das Drehbuch seines Schützlings allerdings nicht lustig, sondern traurig und hoffnungslos, weil es den lebensmüden Figuren keinen Ausweg biete und ihnen überdies keine Empathie angedeihen lasse. Der Regisseur wiederum, dem ein naturalistischer Film mit absurden Einsprengseln vorschwebt, stellt sich vor, dass erst die Inszenierung, also die visuelle Umsetzung des Buchs in bewegte Bilder den speziellen, ihm vorschwebenden Humor erzeuge. Für die Figur eines Mannes, der Angst vor Statuen hat, lässt Joseph etwa eine überdimensionierte Gips-Skulptur seines eigenen Kopfes herstellen, was natürlich auch selbstreferentiell zu verstehen ist.

Insofern und in weiteren Aspekten handelt Fabian Stumms traurig-komischer Film „Sad Jokes“ natürlich von seinem Autor, seiner Arbeit und seinem Leben. Das Autobiographische wird hier allerdings mit sehr kalkulierten filmischen Mitteln in Fiktion verwandelt, wobei die feine Balance zwischen angespanntem Ernst und absurdem Humor gerade aus jenen immer wieder überraschenden Bildideen und visuellen Erfindungen entsteht, die von der Filmfigur Joseph, vom Regisseur selbst gespielt, für sein geplantes Projekt beansprucht werden.

So inszeniert Fabian Stumm gleich zu Beginn seines szenisch gebauten Films in einer minutenlangen Einstellung ein sehr intensives häusliches Familiendrama, das die späteren komödiantischen Momente gewissermaßen konterkariert. Die Arbeit mit Off-Dialogen, die kommunikative Dynamik innerhalb von Gruppen und die Unsicherheit in zwischenmenschlichen Begegnungen sind stilistische Merkmale, die sich unter andern Vorzeichen dann auch in den mehr heiteren und ironischen Szenen wiederfinden. Außerdem experimentiert Stumm mit ungewöhnlichen Bildausschnitten, Slapstick-Elementen, Ellipsen und einem doppelbödigen Spiel-im-Spiel.

Fabian Stumm demonstriert in „Sad Jokes“ also jenen visuellen Witz der seinem filmischen Alter Ego vorschwebt und an dem dieses zunächst scheitert. Joseph befindet sich allerdings nicht nur in einer künstlerischen Krise, sondern auch in einer privaten. Seit seiner Trennung von seinem jüngeren Freund Marc (Jonas Dassler), die jetzt schon drei Jahre zurückliegt, ist er keine Beziehung mehr eingegangen. Sein Beruf und seine Aufgaben als Vater eines kleinen Jungen, den er zusammen mit seiner besten Freundin Sonya (Haley Louise Jones) hat und betreut, lassen dafür überdies wenig Zeit und Raum. Zumal die psychisch labile Mutter des kleinen Pino (Justus Meyer) unter Depressionen leidet und gerade in einer psychosomatischen Klinik gegen innere Widerstände therapiert wird.

Dass sich Joseph in dieser Situation in einer grotesk anmutenden Szene auch noch an der Hand verletzt, setzt nicht nur auf tragikomische Weise besagten visuellen Witz originell ins Bild, sondern fungiert natürlich auch als Metapher für seine allgemeine Dysfunktionalität in einem absurden, krisengeschüttelten Alltag zwischen Sein und Schein, Künstlerimago und realem Ich. Inmitten all dieser Brüche, der irritierenden Gleichzeitigkeit von Gefühlen und der Angst vor dem Glück kann Heilung also nur eine vorläufige Etappe sein. Es gehe darum, sich zu kümmern und zu verzeihen, hat Fabian Stumm gesagt. Insofern sei „Sad Jokes“, so der Regisseur, ein Ensemblefilm „über das Durchhalten“.

Sad Jokes
Deutschland 2024 - 89 min.
Regie: Fabian Stumm - Drehbuch: Fabian Stumm - Produktion: Nicola Heim, Fabian Stumm - Bildgestaltung: Michael Bennett - Montage: Kaspar Panizza - Musik: Nele Schallenberg - Verleih: Salzgeber - FSK: ab 12 - Besetzung: Knut Berger, Jonas Dassler, Ulrica Flach, Godehard Giese, Anne Haug, Haley Louise Jones
Kinostart (D): 12.09.2024

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt31036505/
Foto: © Salzgeber