Die rechteckige Öffnung in der Wand aus dunkelbraunem Lehm ist wie ein Fenster in eine andere Welt und zugleich wie ein Rahmen, der diese begrenzt. Das gerahmte dunkle Loch ist aber auch ein Bild im Bild. Der Mist aus dem Eselstall wird durch diese Öffnung von drinnen nach draußen befördert. Youtie (Renlin Wu), der diese Arbeit verrichtet, kommt erst später ins Bild. Mitglieder seiner Familie rufen ihn, der nur „Bruder vier“ genannt wird, aus dem Off zum Essen. Leichter Schneefall begleitet die Schritte des schweigsamen, von harter körperlicher Arbeit etwas gebeugten Mannes. Ohne ihn zu fragen, wird für Youtie eine Ehe arrangiert. Der gutmütige Außenseiter soll eine andere schweigsame Außenseiterin heiraten: Guiying (Hai Qing) wurde in ihrer Kindheit misshandelt und leidet seitdem unter körperlichen Einschränkungen. Wenn die beiden kurz darauf von einem Fotografen für ein Hochzeitbild arrangiert werden, sitzen sie wie zwei Fremde nebeneinander.
Der von einem ruhigen Erzählrhythmus getragene Film „Return to Dust“ von Li Ruijun handelt zunächst von der zögerlichen, sehr behutsamen Annäherung zweier Menschen, ihrem zärtlichen Miteinander und ihrer wortlosen Liebe. Eingebunden ist ihre Geschichte, die im kleinbäuerlichen Milieu der Provinz Gansu im nordwestlichen China angesiedelt ist, in die Mühen einer harten körperlichen Arbeit unter ärmlichem, kargen Lebensbedingungen. In genauen Bildern, die eine schöne Ausgewogenheit zwischen Naturalismus und Poesie vermitteln, zeigt Li, der selbst in dieser Gegend am Rande zur Wüste Gobi aufgewachsen ist, nahezu archaische Lebensformen. Im Wechsel der Jahreszeiten bestellen Youtie und Guiying die Felder, ernten die Ähren und mahlen das Korn; sie ziehen Küken groß, stellen Lehmziegel her und bauen daraus ein Haus. Unterstützt werden sie dabei von einem treuen Esel. „Alles kommt aus der Erde“, sagt Youtie, der seine bescheidene, sorgsame Lebensführung als direkten Austausch mit der Natur versteht.
Wiederholt formuliert der selbstgenügsame, ehrliche Bauer, der sich außerdem geduldig um seine Frau kümmert, solche Einsichten in die existentiellen Grundlagen des Lebens und dessen Bestimmungen. Der Film begleitet dieses Wissen mit einer unaufdringlichen Symbolik und der Metapher einer fortschreitenden Entwurzelung. Die Protagonisten werden nämlich – sprichwörtlich bis aufs Blut – von der neureichen Obrigkeit nicht nur vielfach übervorteilt, ausgebeutet und ausgenutzt, sondern immer wieder enteignet und umgesiedelt, bis auch ihr neues Eigenheim, mit Geduld und Liebe mühevoll gebaut, zur Disposition steht. Youtie erträgt das alles stoisch und widerstandslos. Und er, der von seiner Frau als „ein guter Mensch“ apostrophiert wird, bleibt trotz allem solidarisch und gewissenhaft. Seine sukzessive Vertreibung in ein für ihn unmögliches Leben ähnelt dem Schicksal jener ins Bild rückenden Schwalbennester, die mit jedem abgerissenen Haus ein Stück ihres Lebensraumes einbüßen.