Der Sündenfall ist die Gier nach Berühmtheit, nach Sensationen und Spektakel sowie das Unvermögen, vor lauter Schaulust die Augen nicht abwenden zu können. Eine alttestamentarische Drohung schwebt deshalb über der Szene, in der ein bluttriefender Affe namens Gordy, Star einer Familien-Serie, ein Fernsehstudio verwüstet und dabei zum brutalen Killer wird. Aus der harmlosen Fiktion einer Geburtstagsfeier ist ein reales Spektakel geworden: Der Amoklauf findet statt. Doch selbst vor der Vermarktung des Traumas schreckt die allgegenwärtige Unterhaltungsindustrie nicht zurück. Die Angst vor dem Untergang, auf den die Zuschauer gebannt blicken, wird zum medialen Geschäft. Jordan Peele zitiert deshalb zu Beginn seines Horrorfilms „Nope“ aus dem Buch des Propheten Nahum, wo es mit Blick auf die sündige Stadt Ninive heißt: „Ich werfe Unrat auf dich, schände dich und mache ein Schauspiel aus dir.“
Eingebunden ist diese Episode in eine größere Untergangserzählung. Auf einer weitläufigen Farm im kalifornischen Aqua Dulce, wo Pferde bezeichnenderweise für den Einsatz in Hollywoodfilmen trainiert werden, geschehen unerklärliche Dinge. Dabei kommt der Besitzer der Ranch ums Leben. Bald wird klar, dass sich die Gefahr oben, am Himmel, in einer scheinbar unbeweglichen Wolke versteckt und sich schließlich als Menschen fressendes Ufo-Monster entpuppt, das seine Opfer förmlich aufsaugt, frisst, verdaut und als Blutregen wieder ausspeit. Jordan Peele nimmt bei der Konstruktion dieses Zwitterwesens aus Tier und Maschine Anleihen bei den Tier-Horrorfilmen der 1950er Jahre. Sein Rückblick auf die Filmgeschichte besitzt allerdings noch weiter Facetten: Zum einen werden mit Eadweard Muybridges filmischer Inkunabel „Animal Locomotion“ aus dem Jahre 1887 die „schwarzen“ Anteile an der Geschichte des Kinos beschworen; zum anderen feiert „Nope“ die Beständigkeit der analogen Fotografie.
Die ungleichen Geschwister OJ (Daniel Kaluuya) und Emerald (Keke Palmer) Haywood, Kinder des getöteten Pferdezüchters, wollen dem tödlichen Himmelsphänomen nämlich auf den Grund gehen und aus dem „schlechten Wunder“ Kapital schlagen. Digitale Überwachungskameras, von einem jungen Mitstreiter namens Angel (Brandon Perea) installiert, sollen die bildlichen Beweise aufzeichnen und später für mediale Aufmerksamkeit und kommerziellen Erfolg sorgen. Doch das Ufo-Monster, selbst ein überdimensionales, alles verschlingendes Auge, erträgt keine fremden Blicke und wird gerade deshalb zur Gefahr. Das Schauen und die Gier nach Aufmerksamkeit haben also eine tödliche Kehrseite, die den Traum nach Berühmtheit in einen Albtraum verwandelt. Jordan Peele spielt mit der Dialektik dieser gegensätzlichen Blickrichtungen, um unserer Zeit des Medienkonsums und der Sensationskultur einen Spiegel vorzuhalten.